Wohnort mit schlechter Luft – zwei Jahre geringere Lebenserwartung

Ob man länger oder kürzer lebt, kann auch davon abhängen, wie sauber oder verschmutzt die Luft am eigenen Wohnort ist. – Foto: AdobeStock/tunedin
Schlechte Luftqualität verkürzt das Leben weltweit um drei – und in Deutschland und Europa um rund zwei Jahre. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Mainz. Je nach Größe bleiben Luftschadstoffe in der Lunge hängen oder gelangen in die Blutgefäße und lösen dort Entzündungen aus. Mögliche Folgen: Herzinfarkt, Bluthochdruck, Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen oder Schlaganfall.
Weltweit fast 9 Millionen Tote durch Feinstaub
„Wir haben berechnet, dass weltweit 8,9 Millionen Menschen pro Jahr vorzeitig durch Feinstaub sterben", sagte der Mainzer Herzspezialist Thomas Münzel, der an der Studie mitgewirkt hat, dem Gesundheitsmagazin Apotheken Umschau. Allein in Europa sterben demnach knapp 800.000 Menschen vorzeitig aufgrund der Folgen von Luftverschmutzung.
Feinstaub und Stickstoffdioxid am schädlichsten
Bei uns in Mitteleuropa gelten Feinstaub und das Gas Stickstoffdioxid als Hauptursachen für ungesunde Luft. Ihre toxischen Teilchen dringen über die Lunge in den Körper ein und verursachen Schäden – und zwar auch über Atemwege und Lunge hinaus.
Wachsende Gefahr von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Bei einer Partikelgröße von 10 Mikrometern wird Feinstaub der Studie zufolge wahrscheinlich in der Lunge hängen bleiben und nur dort Entzündungen verursachen. Sind die Feinstaubpartikel im Durchmesser kleiner als 2,5 Mikrometer, geht der Feinstaub hingegen durch das Gewebe hindurch, gelangt in die Blutbahn und kann in den Blutgefäßen Entzündungsreaktionen auslösen.
„Unser Vergleich zeigt, dass Luftverschmutzung eine der Hauptursachen für vorzeitige Todesfälle und den Verlust an Lebensjahren ist", sagt Thomas Münzel, der am Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz Ärztlicher Direktor ist. „Die vorzeitige Sterbewahrscheinlichkeit wird insbesondere durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursacht.“ Die Entzündungen in den Blutgefäßen führen auf längere Sicht zu Gefäßverkalkung mit klinischen Folgen wie Herzinfarkt, Bluthochdruck, Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen oder Schlaganfall.
Schadstoffverursacher: Industrie, Verkehr, fossile Energieerzeugung
Für Stickstoffdioxid lässt sich ebenfalls eine höhere Sterblichkeit feststellen – sowohl bei kurzzeitigen als auch bei dauerhaft hohen Belastungen. Darüber hinaus verschlimmert das Gas auch bestehende Herz- und Lungenerkrankungen. Die größten Produzenten von Feinstaub und Stickstoffdioxid sind die Industrie, die fossile Energieerzeugung, der Verkehr, aber auch die Landwirtschaft und Heizungen. Wie viel man von den Schadstoffen abbekommt, hängt davon ab, wo man lebt. In einem Tal mit vielen Holzöfen zum Beispiel gibt es im Winter eine hohe Schadstoffbelastung.
Was jeder selbst gegen Luftverschmutzung tun kann
Doch kann jeder einzelne dazu beitragen, dass die Luft sauber wird. Hier Empfehlungen dazu vom Umweltbundesamt:
- Fahrten mit dem eigenen Auto reduzieren
- Fahrgemeinschaften bilden
- öffentliche Verkehrsmittel wie Bus und Bahn nutzen
- kurze Strecken mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurücklegen
- Fahrzeuge mit geringem Kraftstoffverbrauch und Feinstaubausstoß benutzen
- kein Laub und Holz im Garten verbrennen.
WHO fordert drastische Senkung der Luftschadstoffe
Erst vor wenigen Wochen veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation WHO ihre neuen „Air Quality Guidelines“. In den überarbeiteten Leitlinien verlangt die WHO dringend eine drastische Senkung der Schadstoffbelastung in der Luft, um die Bevölkerung vor gesundheitlichen Schäden besser zu schützen.
Nach einer Auswertung von mehr als 500 Studien kam ein Expertengremium der WHO zu dem Schluss, dass – anders als bisher angenommen – schon niedrige Schadstoffkonzentrationen in der Luft ausreichen können, um bei Menschen gesundheitliche Schäden anzurichten. Die Richtwerte für sechs wichtige Luftschadstoffe wurden in den Guidelines deshalb heruntergesetzt. Die derzeit in der EU gültigen Grenzwerte liegen immer noch deutlich über den jetzt von der WHO festgesetzten neuen Standards.