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Wie weiter mit dem Steuerzuschuss zum Gesundheitsfonds?

Mittwoch, 14. Mai 2014 – Autor: Angela Mißlbeck
Die Bundesregierung will den Steuerzuschuss zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) um 3,5 Milliarden Euro kürzen. Der Bundesrechnungshof sieht darin kein Problem, doch einige Experten bewerten dieses Vorhaben kritisch.
Debatte um geplante Kürzung des Steuerzuschusses zur GKV

Expertenkontroverse im Bundestagsausschuss: Haushaltskonsolidierung aus Steuermitteln für den Gesundheitsfonds?

Der Bundesrechnungshof geht davon aus, dass die geplante Kürzung die Leistungsfähigkeit des Gesundheitsfonds nicht beeinträchtigt und vorerst auch nicht zulasten der Versicherten geht. Er wies jedoch darauf hin, dass die gesetzlich vorgeschriebene Mindestliquiditätsreserve Ende 2015 unterschritten werden kann, wenn der Gesundheitsfonds in diesem und nächstem Jahr keine Überschüsse erzielt. Daher rät der Rechnungshof, die Finanzsituation des Gesundheitsfonds genau zu beobachten, um notfalls gegenzusteuern.

Steuerzuschuss zur GKV soll Familienleistungen finanzieren

Der Bundeszuschuss zur GKV soll mit dem Haushaltsbegleitgesetz in diesem Jahr von 14 Milliarden Euro auf 10,5 Milliarden gesenkt werden. 2013 zahlte der Bund 11,5 Milliarden Euro in den Gesundheitsfonds, 2012 waren es 14 Milliarden. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass der Zuschuss ab 2016 wieder 14 Milliarden Euro beträgt.

Der Zuschuss ist dazu gedacht, sogenannte versicherungsfremde Leistungen zu finanzieren. Dazu zählt das Bundesgesundheitsministerium unter anderem die beitragsfreie Familienmitversicherung und sogenannte familienpolitisch motivierte Leistungen rund um Schwangerschaft und Mutterschaft, zur Empfängnisverhütung und zur Betreuung kranker Kinder. Dieser Verwendungszweck ist aber nirgends rechtlich bindend festgelegt.

Die Professoren Stefan Greß und Klaus Stegmüller von der Hochschule Fulda lehnen in ihrer gemeinsamen Stellungnahme die Kürzung des Zuschusses ab. Sie vertreten die Auffassung, dass die Bundesregierung mit dieser Maßnahme den Bundeshaushalt letztlich zulasten der Beitragszahler konsolidieren würde. Die Kürzung werde die Notwendigkeit zur Einführung oder Erhöhung von Zusatzbeiträgen erhöhen. Das habe erhebliche Auswirkungen vor allem auf Versicherte mit niedrigem und mittleren Einkommen. Zudem ziehe die Kürzung zum wiederholten Male die Verlässlichkeit und Stetigkeit der Steuerfinanzierung in der gesetzlichen Krankenversicherung in Zweifel.

Konsolidierungswünsche kontra Verlässlichkeit

Eine differenzierte Betrachtung fordert der Berliner Gesundheitsökonom Professor Klaus-Dirk Henke. „Einerseits kann man den Finanzminister mit seinen berechtigten und sehr moderat ausgefallenen Konsolidierungswünschen verstehen, andererseits war es gerade Sinn und Zweck des Bundeszuschusses, die Nachhaltigkeit der GKV-Finanzierung zu erhöhen, was aber einen verlässlichen und planbaren Bundeszuschuss voraussetzt“, so Henke in seiner Stellungnahme für den Haushaltsausschuss. Er weist aber auch darauf hin, dass gesetzlichen Regelungen zum Steuerzuschuss notwendig sind, wenn er zweckgebunden und in der Höhe verlässlich werden soll. „Wünschenswert wäre für die Zukunft, dass die versicherungsfremden Leistungen klar und dauerhaft nicht nur qualitativ erfasst, sondern auch mit den dazugehörenden Ausgaben und Mindereinnahmen veröffentlicht werden", so Henke weiter.

Professor Volker Ulrich von der Universität Bayreuth sieht ein Problem darin, dass es keine verbindliche Koppelung der Höhe des Bundeszuschusses an der Entwicklung klar definierter Ausgaben gibt, die über Steuern zu finanzieren sind. Solange das nicht der Fall ist, könne man jede Meinung über den Steuerzuschuss vertreten, so Ulrich. Volkswirtschaftlich macht es aus seiner Sicht jedoch keinen Sinn, dass der Bund über Kredite Zinsen bezahlt, wenn in der GKV 30 Milliarden Euro Überschüsse bestehen. Er kritisiert zudem, dass die Krankenkassen die finanziellen Spielräume kaum genutzt hätten.

Foto: Deutscher Bundestag / Katrin Neuhauser

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik

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