Wie Technik alten Menschen den Alltag erleichtert
Die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland steigt an. Während aktuell rund 2,5 Millionen Menschen pflegebedürftig sind, soll die Zahl nach Prognosen von Gesundheitsexperten bis 2030 auf 3,4 Millionen steigen. Auch in der 34.000 Seelen-Gemeinde Goch im Kreis Kleve an der holländischen Grenze verzeichne man eine Zunahme der pflegebedürftigen Versicherten, berichtet Barbara Nickesen, Regionaldirektorin der AOK Rheinland/Hamburg im Kreis Kleve.
Vitalig: Kontakt über Kamera und Telefonhörer hilft auch gegen Einsamkeit
In Goch ist deshalb am 1. Februar ein bundesweit einmaliges Pilotprojekt gestartet. Vitalig, ein gemeinsames Projekt der AOK Rheinland/Hamburg und der Deutschen Telekom soll Menschen mit Mobilitätseinschränkung und Pflegebedürftigkeit ein selbständiges Leben zu Hause ermöglichen – per Videotelefonie und Computer. Über einen modernen Touch-Screen-PC können die Teilnehmer mit Angehörigen, Pflegediensten, Ärzten, Apothekern oder ihrem Sanitätshaus Kontakt aufnehmen, etwa um sich beraten zu lassen, ein Rezept zu ordern oder eine Bestellung aufzugeben. Ganz praktische Dinge also, die mit zunehmendem Alter immer beschwerlicher werden und so bequem von zu Hause und ohne fremde Hilfe erledigt werden können. Außerdem soll das Bildtelefon die Menschen vor Vereinsamung bewahren. Auf Knopfdruck ist ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht möglich. Das Gerät ist permanent online und reagiert sofort bei Berührung. Die Bedienung sei denkbar einfach, sagt Barbara Nickesen und nach ersten Erfahrungen selbst für hochbetagte Teilnehmer kein Problem.
Der Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland/Hamburg Günter Wältermann, sieht das Projekt als Vorreiter in puncto Versorgung von hilfsbedürftigen Menschen in ihrem Wohnviertel. „Je länger die Menschen im Alter in den eigenen vier Wänden bleiben, desto länger bleiben sie gesund“, sagt Günter Wältermann. „In Goch erproben wir jetzt den Einsatz moderner Kommunikationstechnik, um älteren Menschen, die in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind, die Häuslichkeit selbstbestimmt zu erhalten – sozusagen eine neue Lösung im Quartier.“
Gochs Bürgermeister Karl-Heinz Otto ist stolz auf das Pilotprojekt: „Für ältere Menschen ist es sehr wichtig, so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden wohnen zu können. Vitalig leistet eine immense Hilfestellung dabei, diese zu erhalten.“
Neue Lösung fürs Quartier
Zehn AOK-Versicherte nehmen bereits an Vitalig teil. Im Laufe des Jahres soll die Zahl der teilnehmenden Anwender sukzessive auf 100 steigen. Neben den Angehörigen haben sich bislang zwei niedergelassene Ärzte, sieben Apotheken, drei Pflegedienste, ein Sanitätshaus und die Senioren-Beratungsstelle der Stadt Goch sowie die AOK Rheinland/Hamburg mit dem Pflegestützpunkt im Kreis Kleve „Vitalig“ angeschlossen. Nach AOK-Angaben sollen demnächst auch Getränke- und Lebensmittelhändler in das Versorgungsnetz eingebunden werden.
Die Technik könne eine „wärmende Hand“ zwar nicht ersetzen, meint AOK-Chef Wältermann. Aber sie sei eine sehr sinnvolle Ergänzung für ältere Menschen.
Foto: © Herby ( Herbert ) Me - Fotolia.com