Wie Nachtschichten das Krebsrisiko erhöhen können
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft Nachtarbeit als „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Hinweise darauf haben tierexperimentelle Studien, aber auch epidemiologische Untersuchungen geliefert. So konnte gezeigt werden, dass Krankenschwestern, die über 30 Jahre in Nachtschichten gearbeitet hatten, ein um rund 50 Prozent erhöhtes Risiko hatten, an Brustkrebs zu erkranken. Doch weder konnte bisher ein kausaler Zusammenhang bewiesen werden noch gab es Belege für pathogenetische Mechanismen, welche die Erhöhung des Krebsrisikos erklärten.
Krebswachstum bei gestörtem Tag-Nacht-Rhythmus schneller
Manche Wissenschaftler vermuten, dass eine eingeschränkte Synthese des antioxidativ wirksamen Melatonins oder eine Störung physiologischer Reparaturprozesse das erhöhte Risiko für Krebs durch regelmäßige Nachschichten erklären könnten. Forscher der New York University School of Medicine haben die Zusammenhänge nun genauer analysiert. Dafür untersuchten sie Mäuse, die aufgrund eines genetischen Defekts an einem nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom litten.
Die Tiere wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Während eine Gruppe jeweils zwölf Stunden bei Licht und Dunkelheit lebte, wurde die zweite Gruppe alle zwei bis drei Tage zusätzlich acht Stunden lang dem Licht ausgesetzt. Es zeigte sich, dass die Mäuse mit dem gestörten Tag-Nacht-Rhythmus ein wesentlich schnelleres Tumorwachstum aufwiesen.
Nachtschichten führen zur Fehlfunktion von Genen
Die Forscher führten nun noch ein zweites Experiment durch. Dazu setzten sie wieder Mäuse jeweils zwölf Stunden lang Licht und Dunkelheit aus. Diesen Tieren fehlten jedoch die Gene BMAL1 und PER2, welche die zirkadiane Rhythmik steuern. PER2 codiert zudem für ein Protein, dessen Expression bei einigen Leukämie-Patienten erniedrigt ist. Auch weisen Patienten mit Lungenkrebs häufig eine erniedrigte Expression der beiden Gene im Tumorgewebe auf.
Wie sich zeigte, war auch bei diesen Tieren das Tumorwachstum deutlich schneller. Durch das Ausschalten der Gene kam es in den Zellen der Tiere zu einer Akkumulation von MYC, einem Gen, welches das Wachstum und die Vermehrung von Zellen befördert. Die Forscher schließen aus ihrer Daten, dass eine Störung der inneren Uhr, wie sie beim Menschen durch Nachtschichten hervorgerufen wird, eine Fehlfunktion von Genen verursacht, die das Zellwachstum steuern. Es werden jedoch noch weitere Studien erwartet, welche die Zusammenhänge genauer klären und eventuell zu neuen Therapie- beziehungsweise Präventionsansätzen führen sollen.
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