Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Wie kann das Gesundheitssystem nachhaltig werden?

Freitag, 30. September 2022 – Autor:
Wie kann das Gesundheitssystem nachhaltig werden? Das diskutierten Experten auf dem Kongress Demografie & Nachhaltigkeit gestern in Berlin. Nur mit viel Geld und geringem Erfolg? Oder in vielen kleinen Schritten?
Energieeffiziente Neubauten würden den CO2-Ausstoß verringern. Aber sie sind teuer

– Foto: Adobe Stock/Petair

Wie kann das Gesundheitssystem nachhaltig werden? Das diskutierten Experten auf dem Kongress Demografie & Nachhaltigkeit gestern in Berlin. Entsprechende Maßnahmen seien teuer und wenig ertragreich, meint Prof. Bertram Häussler, Geschäftsführer des IGES Instituts Berlin. Viele kleine Schritte führten zum Erfolg, so sieht es der Internist und Notfallmediziner Dr. Peter Bobbert, Oberarzt am Evangelischen Krankenhaus Hubertus und Präsident der Berliner Ärztekammer.

Häussler untersuchte, ob und wie sich die CO2-Ausstoß des Gesundheitssystems senken lasse. Dieser macht 5 Prozent der gesamten deutschen CO2-Emmissionen aus. Dabei konzentrierte er sich auf die Gebäude (Krankenhäuser und Praxen), die für 30 Prozent der Emmissionen verantwortlich sind. Die restlichen 70 Prozent entfallen auf Großküche, Logistik, Waren-Einkäufe und weitere Faktoren. Die ließ er außer acht, da sie jeweils zu klein seien, als dass eine Neujustierung eine Wirkung entfalten könne.

Weniger Krankenhausbetten, bis zu 67 Prozent weniger CO2

Nun rechnete er vor, wieviel CO2 sich durch verschiedene Maßnahmen sparen ließe: Eine Kapazitätsverkleinerung - also weniger Betten - würde bis zu 67 Prozent der Klimagase vermeiden. Dazu muss man wissen: Deutschland liegt bei der Zahl der Krankenhausbetten EU-weit an der Spitze.

Eine Verlagerung von stationären zu ambulanten Behandlungen würde 3 bis 10 Prozent weniger Klimagase bedeuten, eine energetische Sanierung bestehender Gebäude 5 bis 40 Prozent, energieeffizientere Neubauten 75 Prozent weniger schädliche Klimagase. Neu zu bauen würde indes bis zu 150 Milliarden kosten, die energetische Sanierung bis zu 60 Milliarden, die Verlagerung ins Ambulante bis zu 5 Milliarden.

Sein Fazit: Die Baulichkeiten der Gesundheitswirtschaft machten mit 1,8 Prozent einen so geringen Anteil am globalen CO2-Ausstoß aus, dass der Aufwand kaum lohne. Abgesehen von den betroffenen Institutionen: Auch von Appellen an die Bürger - Maske tragen, Energie sparen - hält er wenig. "Das sorgt irgendwann für schlechte Stimmung und die Leute machen nicht mehr mit. Man muss gucken, wo es sich lohnt und wo man sich verkämpft."

Für mehr Nachhaltigkeit sind Verantwortliche wichtig

Es lohnt sich, ist hingegen Dr. Peter Bobbert überzeugt. Er plädiert für die vielen kleinen Schritte, die letztlich zu einem Erfolg führen könnten. Vor fünf Jahren sei Nachhaltigkeit in der Ärzteschaft noch kein Thema gewesen, nun hätte sich sogar der Ärztetag damit beschäftigt. Danach war der Auftrag klar: Das Gesundheitswesen darf den Klimawandel nicht befördern. Und wir müssen mit den Folgen des Klimawandels leben und die Menschen entsprechend versorgen, so der Mediziner.

Um Prozesse anzustoßen sei es wichtig, Verantwortliche zu benennen. So gibt es am Hubertus-Krankenhaus einen Klimabeauftragten, der sich um Lebensmittel, Transport und andere Bereiche kümmert. In der Anästhesie habe man begonnen, andere, weniger klimaschädliche Gase einzusetzen. "Wissen und Bereitschaft für Veränderungen steigen von Tag zu Tag", sagt Peter Bobbert.

Ein Glas Wasser gegen den Hitzetod

Um dem Klimawandel zu begegnen hat Bobbert 2022 das Aktionsbündnis Hitzeschutz gegründet, das sich für die bessere Versorgung älterer Menschen in Hitzeperioden engagiert. Denn ein verschwiegenes Problem seien die vielen Hitzetoten. "Die sterben im Stillen", sagt der Internist. Dagegen gibt es ein einfaches Rezept: Senioren regelmäßig Wasser anbieten. Dafür soll sich das Pflegepersonal dann auch Zeit nehmen können.

Hauptkategorie: Demografischer Wandel
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Demografischer Wandel , Gesundheitssystem , Klimawandel

Weitere Nachrichten zum Thema Gesundheitssystem

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin