Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Wie hilft man bei einem epileptischen Anfall?

Dienstag, 14. Februar 2023 – Autor:
Ein epileptischer Anfall, gerade in der Öffentlichkeit, kann einem einen Schrecken einjagen. So bedrohlich alles wirken mag: Schutz braucht der Patient, nicht seine Umgebung, denn die Verletzungsgefahr für ihn ist groß. Helfen ist einfacher, als viele denken.
Mann hat epileptischen Anfall und liegt auf dem Boden.

Bei leichteren epileptischen Anfällen sind die Betroffenen nur kurz abwesend oder haben leichte Muskelzuckungen. Bei schweren kommt es zu Krämpfen und Zuckungen am ganz Körper; der Patient fällt hin und verliert das Bewusstsein. – Foto: AdobeStock/Tunatura

Wenn jemand plötzlich zu Boden stürzt, aber – statt reglos dazuliegen – am ganzen Körper zuckt oder sich verkrampft, ist das mit großer Wahrscheinlichkeit ein epileptischer Anfall. Das griechische Wort „Epilepsie“ bedeutet nichts anderes als „Fallsucht“. Verständlich, dass diese Form von Krampfanfall für den Laien gefährlich wirkt. So gewaltsam alles für Außenstehende aussehen mag: Der Betroffene ist bewusstlos und ohne böse Absicht und die Verletzungsgefahr ist groß – aber für ihn selbst, nicht für die anderen. Deshalb braucht ein Epileptiker Hilfe. Das ist leichter und viel weniger risikoreich, als viele denken.

Epileptischer Anfall: Dauer meist nur ein, zwei Minuten

„So ein Anfall ist eindrucksvoll und sicher auch beängstigend“, sagt Albrecht Kunze, Chefarzt der Klinik für Neurologie der Zentralklinik Bad Berka. „Wichtig ist, Ruhe zu bewahren und den Patienten in Sicherheit zu bringen.“ Besonders wichtig ist es, den Kopf vor Kollisionen mit harten Gegenständen oder Kanten in der Umgebung zu bewahren, denn am Kopf ist die Verletzungsgefahr am größten. Wer das beherzigt, hat viel getan, denn: „In der Regel sind die Anfälle aber selbst limitierend, also hören von allein auf“, sagt Neurologe Kunze. Meist dauern sie nur ein bis zwei Minuten, auch wenn es sich für Betrachter länger anfühlt.

Erste Hilfe bei epileptischen Anfällen – sechs Tipps von Experten

1. Vor Verletzungen schützen

Um den Kopf zu schützen, kann man zum Beispiel eine Jacke oder ein Kissen unter den Kopf legen und gefährliche Gegenstände außer Reichweite bringen. Brille abnehmen und außer Reichweite bringen.

2. Patienten auf keinen Fall bändigen

Auf keinen Fall sollte die oder der Betroffene während des Anfalls festgehalten oder zu Boden gedrückt werden. Dem Anfall sollte man soweit es geht seinen Lauf lassen.

3. Atemwege freihalten

Sitzt die Kleidung am Hals eng, sollte man sie lockern. Es kann passieren, dass sich der Betroffene auf die Zunge beißt. Dennoch sollte man während des Anfalls nicht den Mund öffnen oder einen Gegenstand zwischen die Zähne schieben. Nach dem Anfall ist es wichtig zu kontrollieren, ob die Atemwege frei sind.

4. Patienten keine Minute alleine lassen

Den Betroffenen nicht allein lassen; auch nicht, um Hilfe zu holen – außer es wird unbedingt nötig, weil der Anfall nicht aufhört.

5. Ab fünf Minuten Anfall: Notarzt rufen

Meist beginnt ein Anfall plötzlich und ist nach ein, zwei Minuten wieder vorbei. Selten dauert ein Anfall länger als fünf Minuten. Wenn doch, ist dies ein Notfall – dann muss unter der Nummer 112 ein Notarzt gerufen werden.

6. Nach dem Anfall dableiben und helfen

Eine Person, die einen Anfall hinter sich hat, kann einige Zeit benötigen, um wieder zu sich zu kommen. Vielleicht hat sie einen Wunsch oder braucht Orientierung. Manche Menschen sind sehr müde und möchten sofort schlafen. Sie werden am besten in die stabile Seitenlage gebracht. Wichtig ist außerdem, Schamgefühle zu beachten und zu vermeiden, dass sich etwa bei einem Anfall in der Öffentlichkeit viele Menschen ansammeln. Es kann auch passieren, dass während eines Anfalls ungewollt Urin abgeht. Dann kann eine Decke oder Jacke Schutz und Wärme bieten.

(Quelle: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen/IQWiG, Rhön-Klinikum AG)

800.000 Deutsche sind Epileptiker

Jeder hundertste Mensch in Deutschland etwa hat Epilepsie – das ist ein Prozent der Bevölkerung. Das klingt zunächst nicht nach viel, aber es sind mehr als 800.000 Menschen. Risikofaktoren sind Hirnverletzungen, Schlaganfall, Hirntumor, Hirnhautentzündung sowie genetische Veranlagungen und Stoffwechsel-Erkrankungen. „Tritt erstmalig ein Anfall auf, muss die Ursache ermittelt werden“, sagt Neurologe Kunze.

Epilepsie: So sieht die Diagnostik aus

  • Die Diagnostik beginnt meist mit einem Elektro-Enzephalogramm (EEG), einer Messung der elektrischen Aktivität des Gehirns. Bei dieser Hirnstromkurve weisen extrem steile Wellen auf Epilepsie hin.
  • Der nächste Schritt kann eine Magnetresonanztomographie (MRT) sein. Eine Querschnittsaufnahme des Kopfes in vielen dünnen Scheiben (frei von Röntgenstrahlung) kann Einblutungen, Vernarbungen oder Entwicklungsstörungen sichtbar machen.
  • Auch Laboruntersuchungen spielen eine große Rolle, zum Beispiel die Suche nach Autoantikörpern oder Stoffwechsel-Entgleisungen.
  • Mittels eines PET-CTs schließlich kann der Ursprung einer Epilepsie ermittelt werden. Ein PET-CT ist ein Computertomograph, mit dessen Hilfe Stoffwechselprozesse sichtbar gemacht werden können (Verfahren mit Röntgenstrahlung).

Epilepsie-Behandlung: „Die Mehrheit der Patienten wird anfallsfrei“

Die meisten Epilepsie-Patienten können individuell mit verschiedenen Medikamenten behandelt werden, hinzu kommen operative Möglichkeiten. Die Behandelbarkeit der Epilepsie gilt im Allgemeinen als gut. Neurologe Albrecht Kunze sagt: „Die Mehrzahl der Patienten wird anfallsfrei.“

Hauptkategorie: Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Epilepsie , Neurologie

Weitere Nachrichten zum Thema „Richtig Erste Hilfe leisten“

24.08.2022

Kinder sind neugierig, verspielt und arglos – und schon ist es passiert: Jede vierte Bissverletzung durch Tiere trifft ein Kind unter sechs Jahren. Hunde- und Katzenbisse sind besonders gefährlich. Tipps, wie man vorbeugt und im Notfall richtig handelt.

08.02.2017

Internetsucht ist ein neues Sucht-Phänomen. Hilfe gibt es jetzt in einem neuen Portal: Unter www.erstehilfe-internetsucht.de ist eine umfassende Adressdatenbank für Beratungs- und Behandlungsangebote zu finden.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin