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Wie Fleischkonsum und Klimawandel zum Auftreten von Pandemien beitragen

Freitag, 5. Juni 2020 – Autor: Anne Volkmann
In den vergangenen Jahrzehnten ist es immer häufiger zum Auftreten von Pandemien gekommen. Wissenschaftler führen dies unter anderem auf unseren Umgang mit Tieren und den Fleischverzehr sowie auf den damit zusammenhängenden Klimawandel zurück.
Wildtiermarkt, Pandemien

Tiermärkte in Asien gelten als eine der Quellen für Pandemien - tierquälerisch sind sie zudem auch – Foto: ©Andreas Gruhl - stock.adobe.com

Angesichts der Corona-Pandemie nehmen Forscher verstärkt den Zusammenhang von Naturzerstörung und Zoonosen in den Blick. Eine Zoonose ist eine Infektionskrankheit, die von Tieren auf Menschen und von Menschen auf Tiere übertragen werden kann. Beispiele für Zoonosen sind BSE, Pest, Malaria, Toxoplasmose – und die durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelöste Erkrankung COVID-19.

Schon vor dem Auftreten von SARS-CoV-2 warnten Wissenschaftler davor, dass der Verlust der Biodiversität das Risiko von Zoonosen erhöhen kann. Denn durch das Artensterben und den Raubbau an der Natur breiten sich einige wenige, dafür besonders anpassungsfähige Tierarten aus, die häufiger gefährliche Krankheitserreger in sich tragen – und den Menschen immer näher kommen.

Lebensraum von Wildtieren wird zerstört

Eine besondere Rolle bei der Zerstörung der natürlichen Ökosysteme spielt die Rodung von Wäldern, zum Beispiel für den Anbau von Futtermitteln oder Palmöl. Das schadet der Artenvielfalt. Zudem werden die Lebensräume von Wildtieren immer kleiner. So rücken Wildtiere näher an Menschen und Haustiere heran, wodurch wiederum das Risiko für eine Übertragung von Krankheitserregern auf den Menschen wächst. Und mit der Globalisierung entstehen aus solchen sogenannten Infektions-Hotspots leicht Pandemien, die sich auf die ganze Welt ausbreiten können.

Ein weiteres Risiko für ein häufigeres Auftreten von Pandemien stellt die intensive Nutztierhaltung dar. Mahi Klosterhalfen, Präsident der Albert Schweitzer Stiftung, betont: „Die aktuelle Covid-19-Situation ist ein weiteres Mahnmal dafür, unseren Umgang mit Tieren zu verändern. Es wird immer klarer, dass die intensive Nutzung von Tieren die Gefahren für die Entstehung von Pandemien erhöht.“ Zudem bedrohe die Massentierhaltung die Wirksamkeit von Antibiotika, was in Zukunft zu weiteren ernsthaften Gesundheitskrisen führen kann.

Antibiotikaresistenzen breiten sich aus

Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt vor dem Einsatz von Antibiotika in der industriellen Nutztierhaltung und der Gefahr der Bildung von Keimen, die gegen alle Antibiotika resistent sind. Schätzungen gehen davon aus, dass weltweit 70 bis 80 Prozent der Antibiotika in der Nutztierhaltung eingesetzt werden, der kleinere Rest in der Humanmedizin, wie der Lebensmittelwissenschaftler und Geophysiker Dr. Kurt Schmidinger betont. Der wissenschaftliche Beirat der Albert Schweitzer Stiftung hat sich ausführlich mit der Thematik befasst.

Massentierhaltung als Ausgangspunkt von Infektionen

Schmidinger betont, dass auch das verstärkte Wegsperren von Tieren nichts nutzen würde. Denn Milliarden eingesperrte Tiere produzieren gigantische Mengen an Exkrementen, die wiederum Pathogene enthalten können, welche auf Ackerflächen oder ins Grundwasser entsorgt werden. Das sei eine weitere Infektionsquelle auch für wildlebende Tiere, so Schmidinger. In der Regel sei die industrielle Tierhaltung trotz aller Sicherheitsmaßnahmen komplett offen für den Ein- und Ausgang von Krankheitserregern. Denn durch den Austausch von Futter, Wasser, Exkrementen, das Vorhandensein von Insekten sowie den Tiertransport können Krankheitserreger in die Betriebe hineinkommen und sie auch verlassen.

Immer mehr Krankheitserreger aus zoonotischen Quellen

Neu sind all diese Erkenntnisse nicht. Das wachsende Risiko für Pandemien wurde beispielsweise bereits im Jahr 2008 vom UN-Landwirtschaftsministerium FAO betont. Laut FAO stammen mittlerweile drei Viertel der neu auftauchenden Krankheitserreger, die den Menschen bedrohen, aus zoonotischen Quellen, werden also von Tieren auf Menschen übertragen. Vogelgrippe, Schweinegrippe, Ebola, HIV, Nipah-Virus – sie alle sind zoonotischen Ursprungs.

Besonders die intensive Nutztierhaltung in feucht-warmen Klimazonen sieht die FAO als einen Ursprung für das vermehrte Auftreten von Pandemien. Und genau diese Klimazonen breiten sich durch den Klimawandel immer stärker aus. Zusammen mit den vermehrten Transporten von Tieren und Tierprodukten und der wachsenden Mobilität der Menschen führt dies dazu, dass Pandemien auch in Zukunft immer wahrscheinlicher werden.

Wildtiermärkte schließen, Massentierhaltung beenden

Nach Ansicht der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt ist die Abkehr von industrieller Nutztierhaltung und Wildtiermärkten die einzige Lösung, um zukünftige Pandemien zu verhindern. Die gegenwärtige Coronakrise macht zumindest eins deutlich: Tierschutz, Klimaschutz und Gesundheitsschutz sind heute nicht mehr voneinander zu trennen.

Foto: © Adobe Stock/Andreas Gruhl

Hauptkategorien: Corona , Umwelt und Ernährung
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