Wie Digital Detox gelingen kann

Digital Detox bedeutet einen bewussteren und gesünderen Umgang mit dem Smartphone
In Zeiten von Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen sind Smartphones und Laptops unentbehrlich geworden. Eigentlich waren sie es vorher schon. Nur jetzt verbringen wir noch mehr Zeit vor dem Bildschirm. Gut ist das nicht, denn häufige Alarme, Hinweise oder Benachrichtigungen können zu einer Reizüberflutung des Gehirns und damit zur Ausschüttung von Stresshormonen führen. Unser Körper steht gewissermaßen ständig unter Strom: der Herzschlag erhöht sich, der Schlaf wird gestört, die Leistungsfähigkeit nimmt ab.
Viele Apps aktivieren das Belohnungszentrum
Dr. med. Bastian Willenborg, Psychiater und Ärztlicher Direktor der Oberberg Fachklinik Berlin Brandenburg, sieht vor allem darin eine Gefahr, dass wir im Sitzen die überschüssige Energie nicht abbauen können. Dies könne andere Körperreaktionen begünstigen wie die Steigerung des Appetits trotz geringen Kalorienverbrauchs. Die dauerhafte Nutzung könne außerdem dazu beitragen, dass wir unter Druck geraten, uns überfordert fühlen und chronisch Stress empfinden.
„Die Erholungsphasen werden kürzer, auch am Wochenende wird ständig kommuniziert. Viele Apps aktivieren das Belohnungszentrum im Gehirn, doch durch regelmäßige Nutzung kann sich auch ein Gewöhnungsprozess einstellen“, sagt Psychiater Willenborg. Neben Dauerstress könne sich daraus eine regelrechte Sucht entwickeln. Ein Teufelskreislauf.
Digital Detox erfordert Disziplin
Dass das mobile Internet endlos viele Vorteile im Job, im Alltag oder auf Reisen bietet, streitet er gar nicht ab. Aber gerade deswegen, sollten wir hier einen bewussten Umgang pflegen, meint Willenborg, „damit uns die Bildschirmzeit nicht mehr stresst als nützt.“
Doch wie kann die digitale Entgiftung gelingen, ohne dass wir ganz auf die digitalen Hilfsmittel verzichten müssen. Willenborg gibt Tipps, wie Digital Detox in drei Schritten erfolgreich umgesetzt werden kann:
Erster Schritt: Bewusstsein schaffen
Im ersten Schritt sollte man sich fragen: Wie oft und wie lange nutze ich welche Apps auf dem Smartphone? So identifiziert man vielgenutzte Apps und führt sich vor Augen, wie viel Zeit die Smartphone-Nutzung in Anspruch nimmt. Hierfür kann es helfen, ein Beobachtungsprotokoll anzufertigen, da die Nutzung häufig unterbewusst abläuft. Es gibt auch Apps, die diese Auswertung automatisch durchführen, je nach Betriebssystem heißen sie „Bildschirmzeit“ oder „Digitales Wohlbefinden“.
Zweiter Schritt: Apps mit Suchtpotenzial löschen
Im nächsten Schritt sollten suchtgefährdende Apps identifiziert werden. Dies ist insbesondere bei Anwendungen mit großem sozialen Feedback der Fall, wie Sozialen Netzwerken, Dating- oder Spiele-Apps. Sie aktivieren durch Likes und Matches das Belohnungszentrum und haben daher ein hohes Suchtpotenzial. Um sich in digitaler Abstinenz zu üben, sollte man diese Apps deinstallieren und vom Handy entfernen. Das Ziel dabei: Durch konsequente Nichtnutzung lässt sich ein bewusster Umgang trainieren. Wichtig ist, sich die Screen Time nicht alternativ in anderen Anwendungen „zurückzuholen“. Am besten plant man Smartphone-freie Zeit ein oder schaltet das Internet am Gerät aus.
Dritter Schritt: Analogen Ersatz finden
Ein wichtiger Schritt bei der Abstinenz: Was unternehme ich in der gewonnenen Zeit? Nach der Entscheidung, das Handy aus der Hand zu legen, hilft es meist wenig, wenn man danach keiner anderen Tätigkeit nachgeht. Besser funktioniert hingegen ein Plan, was man anstelle der Smartphone-Nutzung unternimmt. Vielleicht lassen sich bestimmte Offline-Aktivitäten sogar als Wochenplan festlegen, zum Beispiel ein handyfreier Spaziergang, Sport oder Kochen. Um auch langfristig erfolgreich Digital Detox zu betreiben, gibt es App-Lösungen, die bei der moderaten Nutzung unterstützen. So lassen sich beispielsweise Nutzungslimits für bestimmte Apps festlegen, um automatisch die eigene Nutzung zu begrenzen.