„Der Mann zeigt Rückgrat“, „mit stolzgeschwellter Brust“, „lass‘ den Kopf nicht hängen“: Viele bildhafte Wendungen illustrieren, wie sich die innere moralische oder seelische Verfassung körperlich ausdrücken kann. Doch offenbar ist das keine Einbahnstraße. Eine jetzt vorgelegte Studie von zwei deutschen sowie einer US-amerikanischen Universität bestätigt, dass umgekehrt auch die Körperhaltung die Seelenlage beeinflussen kann. Die Studie erscheint im Fachjournal „Psychological Bulletin".
Forschungsansatz: Wie wirkt die Körperhaltung auf Selbstwahrnehmung, Verhalten und Hormonspiegel?
An der internationalen Studie beteiligt waren Wissenschaftler der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), der Universität Bamberg und der Ohio State University. Die Forschenden wollten wissen, ob die Körperhaltung einen Einfluss auf Selbstwahrnehmung, Verhalten und den Hormonspiegel der Menschen hat. Ihre Meta-Analyse, für die 130 Experimente mit insgesamt 10.000 Teilnehmern ausgewertet wurden, ergab, dass es offensichtlich einen Zusammenhang zum Beispiel zwischen einer aufrechten Körperhaltung oder Power Posing und einer positiveren Selbstwahrnehmung gibt.
Aufrechte Körperhaltung – mehr Selbstsicherheit
„Dominante oder aufrechte Körperhaltungen können dabei helfen, dass sich Menschen selbstsicherer fühlen und sich womöglich auch entsprechend verhalten“, heißt es in einer Mitteilung der MLU. „Eine dominante Körperhaltung kann also zum Beispiel dazu führen, dass man sich selbstbewusster fühlt", sagt Persönlichkeitsforscherin Astrid Schütz von der Universität Bamberg. Beim Verhalten fand das Forscherteam einen ähnlichen Zusammenhang.
Heldenposen steigern nicht die Testosteron-Produktion
Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass sich die spektakuläre Behauptung, bestimmte Posen könnten Einfluss auf den Hormonhaushalt des Menschen haben, nicht bestätigen lässt. „Dass bestimmte Posen die Produktion von Hormonen wie Testosteron ankurbeln könnten, ließ sich dagegen gar nicht nachweisen, obwohl ältere Studien das behauptet hatten“, heißt es in einem Statement der deutsch-amerikanischen Wissenschaftler.
Körperhaltung: Beliebtes Werkzeug in der Psychologie
Der Einsatz von Körperhaltung und Körpersprache ist in der Psychologie ein beliebtes Werkzeug: „In der Therapie kann es dabei helfen, dass Menschen sich sicher fühlen und positive Gefühle erleben", sagt der Psychologe Robert Körner von der MLU. Auch beim sogenannten Power Posing geht es um die Frage, inwiefern sehr plakative Posen die Gefühle und den Selbstwert einer Person beeinflussen können. Ein typisches Beispiel für eine solche Körperhaltung ist die Siegerpose mit ausgestreckten Armen, die laut Studien das Selbstbewusstsein steigern soll.
Gefühle steuern – als Medizin für den Körper
In einer weiteren, wenn auch etwas anders gelagerten Studie auf dem Feld der Psychosomatik erforschten Psychologen der Uniklinik im österreichischen Innsbruck kürzlich die wechselseitigen Wirkungen zwischen Gefühlswelt und körperlicher Gesundheit. Hier ging es etwa um die Frage, inwieweit man durch eine gezielte Beeinflussung der Gefühlswelt Emotionen als eine Art Medizin für den Körper nutzen kann: durch kleine, aber heilsame und positiv stimmende Übungen im Alltag. Ziel ist es dabei, das Immunsystem zu stärken und den Körper gesund zu erhalten – etwa in Stresssituationen. Zu diesen Übungen zählen zum Beispiel: Ärger durch bewusstes Atmen abarbeiten; Hindernisse im Alltag (Beispiel: Warteschlange im Supermarkt) als Auszeit interpretieren; oder regelmäßig Dankbarkeitsrituale zu pflegen.