Wie Binge Watching der Gesundheit schadet
Unter Binge Watching, auch „Komaglotzen“ genannt, versteht man das Schauen von mehreren Folgen einer Fernsehserie am Stück. Der Begriff geht auf das Binge Drinking, den exzessiven Alkoholkonsum, zurück. Seit einiger Zeit beschäftigen sich Gesundheitsforscher mit dem Phänomen, und mehrere Studien weisen bereits auf verschiedene gesundheitliche Risiken hin. Depressionen, Angsterkrankungen und sogar Lungenembolien können demnach auf das Konto des exzessiven Fernsehkonsums zurückgehen.
Wie sehr das „suchtartige“ Anschauen von Fernsehserien Menschen beeinflussen kann, hat zum Beispiel eine Studie der University of Texas in Austin gezeigt. Die Kommunikationswissenschaftlerin Wei-Na Lee fand heraus, dass übermäßiger Serienkonsum zur sozialen Vereinsamung führen kann. Den Probanden der Studie fiel es schwer, auf die nächste Folge zu verzichten, selbst wenn sie andere Aufgaben zu erledigen hatten. In der Folge vernachlässigten sie Arbeits- und Privatleben.
Menschen mit Depressionen neigen eher zum Binge Watching
Die Forscherin fand zudem heraus, dass besonders Menschen mit einem Hang zu Depressionen und einem Mangel an Selbstbeherrschung sich dem maßlosen Serienkonsum hingeben. Dadurch könnten sie vermutlich die negativen Gefühle besser verdrängen, schreiben Lee und ihre Mitarbeiterinnen. Das weist allerdings darauf hin, dass die Depressionen eher ein Auslöser für das Binge Watching sein könnten als umgekehrt. Bestätigt wird diese Vermutung auch von einer Studie der Georgia Southern State University. Die Wissenschaftlerin Kathrin Weeler konnte nachweisen, dass Menschen, die zu Binge-Watching neigten, eher unter Depressionen und Angstzuständen litten als andere.
Doch Binge Watching scheint nicht nur eine Folge, sondern auch ein Auslöser für gesundheitliche Probleme zu sein. So konnten Forscher um Jessica Sloan Kruger von der University of Toledo zeigen, dass Binge Watching zu Schlafstörungen und Schlafmangel führt. Und das gilt nicht nur für die Nächte direkt nach dem Fernsehmarathon: Je öfter die Befragten regelmäßig ihre Abende mit Binge Watching verbrachten, desto schlechter wurde ihr Schlaf im Allgemeinen.
Bewegungsmangel kann zur Lungenembolie führen
Die Folgen können jedoch noch weitaus dramatischer sein. Eine prospektive Kohortenstudie aus Japan hat kürzlich gezeigt, dass mit der Dauer der täglichen Fernsehzeiten das Risiko einer Lungenembolie steigt. Ein täglicher Fernsehkonsum von 2,5 bis 4,9 Stunden erhöhte bei den Studienteilnehmern das Risiko, an einer Lungenembolie zu sterben, um 70 Prozent. Und Personen, die mehr als fünf Stunden am Tag vor dem Fernseher verbrachten, starben sogar 2,5-fach häufiger an einer Lungenembolie als Menschen, die selten fernsahen.
Der eigentliche Grund für dieses Risiko ist allerdings nicht das Fernsehen selbst, sondern der langanhaltende Bewegungsmangel beim Binge Watching. Konzentriert starren die Zuschauer stundenlang in eine Richtung und bewegen sich kaum. Die Autoren der japanischen Studie raten daher dazu, den Film nach jeder Stunde anzuhalten, aufzustehen und ein wenig herumzulaufen. Auch eine regelmäßige Flüssigkeitszufuhr (möglichst mit Wasser) könnte helfen.
Medienexperten warnen mittlerweile allerdings auch davor, den modernen Serienkonsum zu schnell zu problematisieren. Ab und zu mal einen Abend mit einer geliebten Serie zu verbringen, schadet vermutlich nicht, solange dies nicht das Leben und den Alltag bestimmt.
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