Werden alterstypische Erkrankungen durch Entzündungen verursacht?

Auch Arteriosklerose soll durch Entzündungen bedingt sein
Der Begriff Inflamm-Aging ist aus den englischen Wörtern für Entzündung (inflammation) und Altern (aging) zusammengesetzt und beschreibt die heute allgemein anerkannte Tatsache, dass das Immunsystem im Verlauf seines normalen Alterungsprozesses immer mehr entzündungsfördernde Botenstoffe freisetzt. Diese unterschwelligen, chronischen Entzündungen stehen im Verdacht, wesentlich zum Alterungsprozess und zu alterstypischen Erkrankungen wie Arteriosklerose, Diabetes oder Alzheimer beizutragen. Darauf macht die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) aufmerksam.
Entzündungsfördernde Botenstoffe vermehrt freigesetzt
„Die Balance zwischen den verschiedenen Zelltypen des Immunsystems verändert sich mit zunehmendem Alter“, erläutert Professor Cornel C. Sieber, Vorsitzender der DGIM und Chefarzt der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Geriatrie am Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg sowie Direktor am Institut für Biomedizin des Alterns, Universität Erlangen-Nürnberg. So nehme etwa die Aktivität der adaptiven, also gegen spezifische Krankheitserreger gerichteten Immunabwehr ab, während die der unspezifischeren, angeborenen Immunabwehr zunimmt.
In der Folge werden vermehrt Botenstoffe wie Prostaglandin E2, Interleukin-6, Interferon-gamma und TNF-alpha produziert, die für Entzündungen typisch sind. Dieser proinflammatorische Botenstoff-Mix wiederum fördert die Bildung freier Radikale, aggressiver Sauerstoffverbindungen, die prinzipiell jedes Gewebe schädigen können. „Auch dieser oxidative Stress trägt vermutlich zu Alterungsvorgängen bei“, sagt Sieber. Typische Alterskrankheiten, deren Entstehung mit dem Inflamm-Aging in Verbindung gebracht wird, sind neben der Alzheimer-Demenz auch Osteoporose, Arteriosklerose, Arthritis oder Diabetes.
Entzündungsvorgängen lässt sich aktiv entgegenwirken
Wie stark sich das Zusammenspiel der Immunbotenstoffe verschiebt, ob sich die Folgen noch zu Lebzeiten klinisch bemerkbar machen und an welchen Organen sie sich gegebenenfalls manifestieren, ist zum Teil genetisch festgelegt. „Die gute Nachricht ist jedoch, dass die beim Inflamm-Aging ablaufenden Prozesse sich ganz wesentlich auch durch den Lebensstil beeinflussen lassen“, so Sieber.
Faktoren wie regelmäßige Bewegung, ausgewogene Ernährung und das Pflegen von Sozialkontakten könnten dazu beitragen, Entzündungsphänomene zu begrenzen und oxidativen Stress zu reduzieren. Besonders die so genannte mediterrane Diät, die reich an Obst und Gemüse und somit an Antioxidantien ist, hält Sieber für geeignet, um entzündliche und gewebeschädigende Prozesse zu bremsen. Siebers ermutigendes Fazit: Man kann zwar nicht verhindern, dass man altert – aber das Altern ist modulierbar.
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