Wer seinen Chef als gerecht empfindet, ist seltener krankgeschrieben
Beschäftigte, die sich von ihrer Führungskraft gerecht behandelt fühlen, weisen weniger krankheitsbedingte Fehlzeiten auf. Sie kommen durchschnittlich auf 12,7 Arbeitsunfähigkeitstage pro Jahr. Bei den Berufstätigen, die ihren Chef als eher ungerecht wahrnehmen, sind es im Durchschnitt 15 Fehltage.
Dies ist ein Ergebnis des jetzt vorgestellten Fehlzeiten-Reports 2020 des Wissenschaftlichen Instituts der AOKs (WIdO). Dafür wurden 2.500 Arbeitnehmer im Alter von 18 bis 65 Jahren zu ihrem Gerechtigkeitsempfinden am Arbeitsplatz befragt und die Auswirkungen auf die Gesundheit analysiert.
Emotionale Irritationen, psychosomatische Beschwerden
"Gefühlte Ungerechtigkeit bringt insbesondere emotionale Irritationen und psychosomatische Beschwerden mit sich", sagt Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO. Nahezu ein Viertel der Beschäftigten, die sich von ihrem Vorgesetzten ungerecht behandelt fühlen, berichtet über Gereiztheit, Wut und Ärger (23,3 Prozent), rund jeder Fünfte über Lustlosigkeit (21,2 Prozent), Erschöpfung (19,7 Prozent) oder Schlafstörungen (18,1 Prozent).
Auch körperliche Beschwerden wie Rücken- und Gelenkschmerzen (25,8 Prozent) oder Kopfschmerzen (10,2 Prozent) kommen häufiger vor. Im Mittel berichten 13 Prozent dieser Beschäftigten über derlei Beschwerden. In der Gruppe, die ihre Führungskraft als fair bewerten, treten diese deutlich seltener auf (3,4 Prozent).
Wer seinen Chef als gerecht empfindet, ist seltener krankgeschrieben
Schröder: "Die gesundheitlichen Belastungen bei Beschäftigten mit einer als fair empfundenen Führungskraft sind damit nur ein Viertel so hoch wie bei den Beschäftigten mit einer als unfair empfundenen Führungskraft." Wer seinen Chef als gerecht empfindet, ist folglich seltener krankgeschrieben.
Jedem zweiten Beschäftigten (46,4 Prozent) fehlt es derzeit an gerechten Konfliktlösungen. Wertschätzung im Job vermissen 40,8 Prozent. Auch die Rückendeckung kommt zu kurz: Rund ein Drittel (32,9 Prozent) der Befragten bemängelt, dass das Unternehmen nicht hinter dem Personal steht.
Fainess führt zu mehr Mitarbeiterbindung
Empfundene Fairness des Unternehmens und der Führungskraft geht mit einer hohen Bindung des Beschäftigten an das Unternehmen einher. Sie fühlen sich im Unternehmen gut aufgehoben, stark verbunden und würden ihr Unternehmen als Arbeitgeber weiterempfehlen.
"Fairen Betrieben gelingt es eher, hochqualifizierte, selbstständig arbeitende, zufriedene und gesunde Beschäftigte auch dauerhaft an das Unternehmen zu binden“, erklärt Schröder.
Führungskraft mit zentraler Scharnierfunktion
Ob ein Unternehmen als gerecht oder ungerecht eingeschätzt wird, hängt der Studie zufolge vor allem mit der jeweiligen Führungskraft zusammen, die eine zentrale Scharnierfunktion zwischen Unternehmensleitung und Mitarbeitenden darstellt.
"Neben der Bewertung einzelner Entscheidungen hat für Beschäftigte die gelebte Unternehmenskultur erheblichen Einfluss. Ein erlebtes Wir-Gefühl stärkt die Bindungskraft und erhöht das Vertrauen. Dadurch steigt die intrinsische Motivation, Herausforderungen und Krisen gemeinsam zu bewältigen", erklärt Prof. Bernhard Badura, Gesundheitswissenschaftler der Universität Bielefeld und Mitherausgeber des Fehlzeiten-Reports 2020.
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