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Wenn medizinische Selbstzahlerleistungen mehr schaden als nutzen

Freitag, 17. Februar 2017 – Autor: Angela Mißlbeck
Jeder zweite Patient bekommt in der Arztpraxis individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) angeboten. Doch die meisten IGeL schaden mehr als sie nutzen. Das ist die Bilanz nach fünf Jahren IGeL-Monitor.
Glaukomvorsorge als IGeL-Leistung

Eine beliebte IGeL: Glaukomvorsorge – Foto: jyleken - Fotolia

Der IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbands (MDS) besteht nun seit 2012. Er stellte bei den meisten Selbstzahlerleistungen (IGeL) mehr Schaden als Nutzen fest, beobachtet aber auch Fortschritte. Insgesamt 45 Bewertungen und Beschreibungen hat der IGeL-Monitor seit seiner Gründung veröffentlicht. Vier fallen negativ und 17 weitere tendenziell negativ aus. Nur drei IGeL bewerteten die Wissenschaftler als tendenziell positiv. 15 mal erschien ihnen die Nutzen-Schaden-Bilanz als „unklar“.

MDS rät ab von Spirometrie und EKG ohne Symptome

Auch die beiden neuesten Urteile lauten wieder „tendenziell negativ“. Sowohl dem Lungenfunktionstest (Spirometrie) zur Früherkennung von Asthma und Chronisch Obstruktiver Bronchitis (COPD) als auch der EKG-Untersuchung zur Früherkennung einer koronaren Herzkrankheit jeweils bei Patienten ohne Symptome verpassten die Bewerter dieses abschlägige Urteil. „Auch wenn Früherkennungsuntersuchungen meist sehr positiv von Patienten und Ärzten gesehen werden – sie sind nicht per se nützlich“, so Dr. Michaela Eikermann vom MDS. Die Leiterin des Bereichs evidenzbasierte Medizin des MDS warnte vor belastenden Tests, falsch positiven Diagnosen, Übertherapie und falscher Sicherheit nach solchen Untersuchungen. Eikermann wies zudem darauf hin, dass die Krankenkassen die Kosten für die Untersuchungen übernehmen, wenn ein Verdacht auf die entsprechenden Erkrankungen besteht. Das Urteil des IGeL-Monitors betrifft nur den Einsatz der Methoden bei Patienten ohne einen entsprechenden Verdacht.

Seriöser Umgang mit IGeL gefordert

Manche Ärzte würden bestimmte Diagnostikleistungen auch dann als IGeL abrechnen, wenn es Hinweise auf eine entsprechende Erkrankung gebe, kritisierte MDS-Geschäftsführer Peter Pick. So sei auch der PSA-Test bei Verdacht auf Prostata-Karzinom eine Kassenleistung. Pick forderte von Ärzten einen seriösen Umgang mit IGeL, wie etwa ausreichende Information und Bedenkzeit sowie korrekte Rechnungsstellung. „Das wird aber von den Ärzten zum Teil nicht gemacht“, sagte er. Doch der MDS-Geschäftsführer beobachtet seit dem Start des IGeL-Monitor auch Verbesserungen. Der Markt sei immer noch dynamisch, aber negativ oder tendenziell negativ bewertete IGeL würden insgesamt weniger angeboten. Picks Fazit: „Die Bewertungen des IGeL-Monitor werden wahrgenommen und beeinflussen auch die Ärzte.“

Rund 2000 Nutzer verzeichnet das Bewertungsportal pro Tag. Zum fünfjährigen Bestehen wird es komplett neu gestaltet. Eine neue Struktur der Homepage soll einzelne Bewertungen leichter auffindbar machen. Außerdem ist der IGeL-Monitor jetzt auch für mobile Geräte verfügbar. Abgeschafft wurde dagegen die App für den Offline-Betrieb.

Foto: jyleken – fotolia.com

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik
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