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Wenn Kinder Spüli für Limonade halten

Dienstag, 19. März 2019 – Autor:
Die meisten Vergiftungsnotfälle in Deutschland ereignen sich im eigenen Zuhause. Kinder sind hiervon überdurchschnittlich stark betroffen. Die vier häufigsten Ursachen für Vergiftungen bei Säuglingen und Kleinkindern: Putzmittel, Kosmetika, Medikamente und Pflanzen.
Kleinkind spielt mit Putzmitteln

Was bunt ist, ist Spielzeug: Kinder erforschen arglos die Welt und haben noch keine Angst vor Vergiftungen. Deshalb sind sie besonders auf das Gefahrenbewusstsein der Erwachsenen angewiesen. – Foto: ©Africa Studio - stock.adobe.com

„Wenn ihr Kind mobil wird, begeben Sie sich einmal in gleicher Höhe wie Ihr Kind auf eine Entdeckungsreise durch die Wohnung. Sie werden erstaunt sein, was plötzlich alles in Reichweite ihres Kindes ist“: Mit dieser kurios klingenden wie treffenden Handlungsempfehlung will der Giftnotruf Berlin Eltern von kleinen Kindern dafür sensibilisieren, Vergiftungen im Haushalt vorzubeugen. „Kinder haben noch keine Angst vor Vergiftungen und sind deshalb besonders auf das Gefahrenbewusstsein ihrer Eltern angewiesen“, warnen die Experten der beim Uniklinikum Charité angesiedelten Berliner Giftnotrufzentrale. Um an das hohe Vergiftungsrisiko für Kinder zu erinnern, findet jedes Jahr am 20. März der „Tag des Vergiftungsschutzes für Kinder im Haushalt" statt. Initiator ist das Forum Unfallprävention im Deutschen Grünen Kreuz.

Mamas Schminktisch: „Hochinteressanter Spielplatz“ – und gefährlich

Für Kinder im Säuglingsalter ist der Mund natürlicherweise ein besonders wichtiges Organ, um ihre Umwelt zu erfahren. Häufig in diesem Alter verschlucken Kinder deshalb potenziell giftige Substanzen. Fangen Kinder an zu krabbeln und zu laufen, erkunden sie alles Erreichbare neugierig – auch dessen Geschmack. Pillen werden dann für Smarties gehalten, Spülmittel mit Zitronen auf dem Etikett für Limonade. Schminktische im Schlafzimmer oder Bad etwa gelten als ein für Kinder hochinteressanter Spielplatz. Ein Spiel, das schnell hochgefährlich werden kann. Die meisten Vergiftungsnotfälle in Deutschland nämlich ereignen sich in Privatwohnungen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) nennt als Hauptursachen für Vergiftungsnotfälle bei Kindern: Putzmittel, Kosmetika, Medikamente, Zimmer- und Gartenpflanzen.

Vergiftungsrisiken für Kinder im Haushalt

Haushaltschemikalien  werden von Kleinkindern gerne probiert. Produkte mit haut- und schleimhautverätzender Wirkung wie Entkalker, Abfluss- und Backofenreiniger gelten als besonders gefährlich. Lösungsmittelhaltige Produkte wie Farben, Lacke oder Nagellackentferner können zu Erbrechen, Kopfschmerz und Hustenreiz führen – bei größeren Mengen sogar zu lebensbedrohlichen Vergiftungen.

Kosmetika: Viele Körperpflegemittel wie Seife, Shampoos oder Badezusätze enthalten schäumende Tenside, die die Schleimhäute reizen. Beim dadurch verursachten Erbrechen kann Schaum in die Atemwege kommen. Mögliche Folgen: Atemnot, Lungenentzündungen und sogar Ersticken. Gerade Baby- und Kinder-Präparate können eine besondere Gefahr darstellen, weil sie in Geruch und Geschmack oft überhaupt nicht unangenehm sind. Für die Lunge gefährlich ist das Einatmen talkumhaltiger Babypuder.

Medikamente: Kinder halten bunte Pillen leicht für Bonbons. Deshalb ist es wichtig, Medikamente für Kleinkinder unzugänglich aufzubewahren. Dies gilt auch für vermeintlich harmlose Mittel wie Nasentropfen oder homöopathische Präparate.

Zigaretten: Herumliegende Zigaretten, die von Kleinkindern in den Mund genommen werden, sind eine besonders häufige Quelle für Vergiftungen. Nikotin ist als Reinsubstanz sehr giftig, schon geringe Mengen davon können für Kinder gefährlich sein. Als besonders riskant gelten die Stummel gerauchter Zigaretten. Ähnliches gilt sogar für Nikotinpflaster oder -kaugummis zur Rauchentwöhnung oder nikotinhaltige Liquids von E-Zigaretten.

Alkohol: Kinder reagieren empfindlicher auf Alkohol als Erwachsene, schon eine geringe Menge an Alkohol kann zu Bewusstlosigkeit führen. Auch Rasierwasser, Parfüms, Mundwasser und Arzneimittel enthalten mitunter hochkonzentrierten Alkohol und können in giftiger Menge verschluckt werden.

Lampenöl zählt zu den gefährlichsten Produktgruppen im Haushalt. Kinder trinken es oft aus ungesicherten Duftlampen oder -schälchen. Verschlucktes Lampenöl verursacht schon in kleinen Dosen schwere Atemstörungen und Lungenentzündungen, die tödlich sein können.

So macht man den Haushalt sicherer:

  • Putzmittel oder Kosmetika immer für Kinder unerreichbar aufbewahren.
  • Auf kindersichere Verschlüsse achten.
  • Putzmittel niemals in Getränkeflaschen umfüllen.
  • Medikamente in abschließbaren Schränken unterbringen.
  • Lampen- und Duftöle gehören nicht in Haushalte mit Kleinkindern.
  • Keine giftigen Pflanzen in Wohnzimmer oder Garten.

Vergiftungen bei Kindern: Richtig handeln im Notfall

  1. Ruhe bewahren und besonnen reagieren.
  2. Tee, Wasser oder Saft zu trinken geben. Keine Milch, kein Salzwasser.
  3. Kein Erbrechen provozieren. Spontanes Erbrechen aber zulassen und Kinder unterstützen.
  4. Regionale Giftnotrufzentrale anrufen und ihren Handlungsanweisungen folgen. Die Nummer findet man im Telefonbuch oder auf der Website des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Wer kleine Kinder hat, speichert sich am besten die Nummer seiner Gift-Notruf-Zentrale vorbeugend im Mobiltelefon ab.
  5. Bei schweren Symptomen wie Erbrechen oder Apathie sofort den Notruf 112 wählen. Unbedingt die giftige Substanz ins Krankenhaus mitnehmen (inklusive Behälter, Flasche, Verpackung), gegebenenfalls sogar das Erbrochene.
  6. Bei Bewusstlosigkeit Atemwege freihalten und Kind in stabile Seitenlage bringen.
  7. Bei Atem- oder Herz-Kreislauf-Stillstand Wiederbelebungsmaßnahmen durchführen.

(Quellen: Aktion „Das sichere Haus“, Giftnotruf Berlin)

Foto: Fotolia.com/Africa Studio

Hauptkategorie: Medizin
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