Wenn junge Erwachsene an Krebs erkranken, leiden auch ihre Eltern
Rund 15.000 Menschen im Alter zwischen 15 und 39 Jahren erkranken in Deutschland jedes Jahr an Krebs. Für die Eltern dieser jungen Erwachsenen ist die Erkrankung ihres Kindes eine große emotionale Belastung. Sie müssen Halt und Zuversicht geben, fühlen sich aber selbst oft hilflos und schwach. Wissenschaftler der Universität Magdeburg haben speziell für diese Gruppe vor einiger Zeit eine unterstützende Psychotherapie entwickelt.
Besser mit negativen Emotionen umgehen
Im Rahmen der sogenannten AYA-PARENTS-Studie haben sie das Programm nun evaluiert. „AYA“ steht für Adolescent and Young Adults with cancer, also Jugendliche und junge erwachsen mit Krebs. „Parents“ für deren Eltern.
„Unser Ziel war es, eine unterstützende Psychotherapie mit tragfähigen und problemorientierten Bewältigungsstrategien aufzubauen, um eine Besserung der emotionalen Regulation negativer Affekte bei den Studienteilnehmern zu erreichen“, erklärt Dr. Michael Köhler, Leiter des Forschungsteams an der Universitätsmedizin Magdeburg. Die begleitende Erprobung der neuen Methode sei erfolgreich gewesen, berichtet der Psychoonkologe. „Wir wurden jedoch von der Realität der AYA-Familien erschüttert.“
65 Prozent der Eltern „enorm belastet“
Die enorme Belastungssituation aller beteiligten Eltern sei unter anderem daran deutlich geworden, dass 65 Prozent der Studienteilnehmer einen Bedarf für Psychotherapie aufwiesen, weil sie beispielswiese an Angstsymptomen, depressiven Symptomen und Schuldphantasien litten. Dabei waren seit der Krebsdiagnose des eigenen „Kindes“ bereits durchschnittlich mehr als fünf Jahre vergangen. Üblicherweise endet nach fünf Jahren die Nachsorgezeit für Krebsbetroffene und damit auch die Aufmerksamkeit auf die gegebene Bedarfssituation von Betroffenen und familiären Angehörigen.
Bedeutsame Symptomlinderung festgestellt
Im Ergebnis konnte die Forschungsgruppe durch die Anwendung der supportiven Therapie bei betroffenen Eltern eine bedeutsame Symptomlinderung feststellen. „Die Eltern der Interventionsgruppe zeigten signifikante Effekte. Trotz heterogener und häufig existentieller Beanspruchungen der AYA-Eltern konnte eine klinisch bedeutsame Verbesserung hinsichtlich der Anwendung adaptiver Strategien zur Krankheitsbewältigung, eine Minderung depressiver Symptome und eine Verbesserung der mentalen Gesundheit erreicht werden“, fasst Dr. Köhler die Ergebnisse zusammen.
Die Forscher haben nach eigenen Angaben mit ihrem Unterstützungsangebot Neuland betreten, da es für Eltern von jungen Erwachsenen mit Krebs weltweit bislang keine wissenschaftlich geprüften Versorgungsprogramme gebe. Sie glauben indes, dass die Umsetzung dieses neuartigen familienbasierten Ansatzes in der AYA-Onkologie nicht nur hilfreich für die Betroffenen sein könnte. Auch die beteiligten Ärzte, Psychoonkologen und Pflegemitarbeiter könnten davon profitieren, wenn die schwere psychische Belastung der betroffenen Familien in der Zeit der maximalen Akutversorgung und Nachsorge bedeutsam reduziert werde.