Wenn Heilkräuter krank machen
Pflanzliche Mitteln und Nahrungsergänzungsmittel erfreuen sich wachsender Beliebtheit. In Deutschland greift mittlerweile jeder Vierte hin und wieder auf Heilmittel aus der Natur zurück. Doch die wenigsten wissen, was sie da eigentlich zu sich nehmen. Das liegt auch daran, dass der gesundheitliche Nutzen der pflanzlichen Mittel und Nahrungsergänzungsmittel nicht oder kaum belegt ist. In der Deutschen Medizinischen Wochenschrift (DMW) warnt der Hepatologe PD Dr. Felix Stickel von der Klinik BeauSite in Bern nun ausdrücklich vor den Risiken, insbesondere vor Leberschäden. Was der Öffentlichkeit kaum bekannt ist: In der Vergangenheit wurden bereits zahlreiche pflanzliche Mittel mit Warnhinweisen versehen, einige wurden von Arzneimittelagenturen sogar verboten.
Zahlreiche pflanzliche Mittel wurden schon verboten
Schlankheitsmittel aus Gamander, einer Pflanzengattung der Familie der Lippenblütler, wurden bereits in den Neunziger Jahren vom Markt genommen, nachdem es in Frankreich zu einer Serie akuter, chronischer und teilweise schwerer Leberschäden gekommen war. Auch in den USA wurden mehrere pflanzliche Schlankheitsmittel von der US-Arzneibehörde FDA verboten. Ein Präparat hatte bei Anwendern einen Gallestau in der Leber ausgelöst, ein anderes wird sogar für einen Todesfall verantwortlich gemacht, schreibt Stickel. Vier Menschen überlebten offenbar nur dank einer Lebertransplantation.
Präparate, die eine hohe Konzentration von Schöllkraut-Extrakten enthalten, sind ebenfalls mittlerweile verboten. Schöllkraut wird nachgesagt, Verdauungsbeschwerden zu lindern. Der Vigisearch Database der Weltgesundheitsbehörde in Uppsala waren laut Dr. Stickel aber mehr als hundert Fälle von akuten Leberschäden gemeldet worden. In geringen Mengen ist es offenbar unbedenklich, weshalb es nach wie vor zum Beispiel in Iberogast zu finden ist. Extrakte aus Rauschpfeffer verloren 2003 ihre Zulassung, nachdem es zu Berichten über schwere Leberschäden gekommen war.
Selbst grüner Tee, der als gesundheitsfördernd gilt wurde Stickel zufolge bereits mit Leberschäden in Verbindung gebracht. Die US Pharmacopeia, das offizielle Arzneibuch der Vereinigten Staaten von Amerika, bewertete den Zusammenhang von Leberschäden mit der Einnahme von Grüntee-Extrakten als „möglich“ oder „wahrscheinlich“.
Nebenwirkungen bleiben meist unentdeckt
Doch die meisten Fälle von Leberschäden durch pflanzliche Mittel und Nahrungsergänzungsmittel blieben wohl unentdeckt, vermutet der Mediziner. Kaum ein Patient berichte dem Ärzte von der Einnahme pflanzlicher Mittel. Und Labortests zum Nachweis der Präparate gebe es nicht, da die Mittel oft eine Vielzahl von Substanzen enthalten. "Ich rate Ärzten bei Leberschäden ungeklärter Ursache gezielt nach der Einnahme solcher Mittel zu fragen“, so Hepatologe Stickel.
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