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Gibt es Patienten, die anfälliger für Long-Covid sind? Das wollten Forscher des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein wissen. Ein Team um Prof. Thomas Bahmer, Internist und Pneumologe an der Klinik für Innere Medizin I, Campus Kiel, untersuchte 1.400 Personen nach überstandener Covid-19-Erkrankung.
Beteiligt waren auch das Universitätsklinikum Würzburg und die Charité Universitätsmedizin Berlin. Die Probanden stammten daher aus Schleswig-Holstein, Unterfranken und Berlin-Neukölln. Für die Covidom-Studie entwickelten die Wissenschaftler nun ein Klassifikationssystem zur Einordnung der Corona-Langzeitfolgen (PCS). Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift eClinical Medicine publiziert.
Vorliegen und Schweregrad von Long-Covid messbar
Mit Hilfe ihres PCS-Scores konnten die Mediziner erstmals das Vorliegen und den Schweregrad der Langzeitbeschwerden erfassen. Er beruht auf zwölf Fragen, die auf unterschiedliche Symptombereiche abzielen. Sie wurden den Probanden nach der Akutphase ihrer Infektion gestellt.
"Damit kann die Notwendigkeit einer fachärztlichen Weiterbehandlung abgeschätzt und die Behandlung auf einen möglichst objektiven Befund gestützt werden", sagt Co-Studienleiter Prof. Stefan Schreiber, Direktor der Klinik für Innere Medizin I, Campus Kiel.
Klinisch relevante Symptome bei 10 bis 20 Prozent
Beim überwiegenden Teil der Probanden war die akute Covid-19-Erkrankung leicht bis moderat verlaufen. Weniger als 10 Prozent mussten im Krankenhaus behandelt werden. Dennoch berichtete etwa die Hälfte der untersuchten Personen über Beschwerden, die nach der akuten Erkrankungsphase dauerhaft anhielten.
Je nach Studienstandort bezeichneten sich nur 15 bis 30 Prozent der Personen neun Monate nach der Infektion als gesundheitlich vollständig unbeeinträchtigt. Beim Rest bleibt jedoch offen, ob ihre Corona-Infektion tatsächlich ursächlich für die immer noch wahrgenommenen Symptome war. Ein klinisch relevantes PCS konnte anhand des Scores bei 10 bis 20 Prozent der Probanden festgestellt werden.
Welche Patienten anfälliger für Long-Covid sind
Bestimmte Patienten sind anfälliger für Long-Covid: Zwei Risikofaktoren wurden in der Studie identifiziert. Wie erwartet erhöhten schwere Erkrankungssymptome in der Akutphase das Risiko für ein Post-Covid-Syndrom.
"Überraschend war jedoch, dass auch eine geringe psychosoziale Belastbarkeit und niedrige Resilienz zu einem PCS führen können", sagt Prof. Bahmer in einer Pressemitteilung. So seien insbesondere Menschen gefährdet, die ihre Widerstandsfähigkeit gegen Krisen als gering einschätzen und daher mit dieser neuartigen Viruserkrankung möglicherweise schlecht zurechtkamen.
Derzeit werden die Probanden circa zwölf Monate nach ihrem ersten Besuch in den Studienzentren ein zweites Mal befragt. Dabei soll geklärt werden, ob diejenigen, die nach neun Monaten einen hohen PCS-Score hatten, weiterhin unter Beschwerden leiden und welche Faktoren eventuell zum Verschwinden oder zur Besserung der Symptome beitrugen. Die Covidom-Studie wird im Rahmen des Nationalen Pandemie-Kohorten-Netzes (NAPKON) durchgeführt.