Weichmacher als Auslöser von Diabetes in Verdacht
Sie stecken in Verpackungen und vielen Kosmetikartikeln, aber auch in Medikamenten und Medizinprodukten wie Kathetern oder Blutbeuteln: So genannte Phthalate, zu Deutsch Weichmacher, werden in sehr grossen Mengen industriell erzeugt. Dass sie gesundheitsschädlich sind, weiss man schon lange. Etliche Weichmacher stören als "endokrine Disruptoren" das menschliche Hormonsystem, indem sie zum Beispiel männliche Sexualhormone hemmen. Frühere Untersuchungen ergaben, dass bestimmte Phthalate Männer unfruchtbar machen oder zu genitalen Fehlbildungen bei Kindern führen können.
Schwedische Untersuchung zeigt Zusammenhang zwischen Phthalaten und Diabetes Typ 2
Eine schwedische Studie bringt jetzt noch andere, erschreckende Zusammenhänge ans Tageslicht. Demnach fördern die Weichmacher offenbar die Entstehung eines Diabetes Typ 2. Die Forscher der Universität Uppsala untersuchten gut 1000 Menschen im Alter von über 70 Jahren auf die Erkrankung. Etwa jeder neunte Teilnehmer litt an einem Diabetes. Bei fast allen Patienten fanden die Forscher mindestens vier von zehn Abbauprodukten von Phthalaten. Drei dieser Metabolite gingen mit einem erhöhten Diabetesrisiko einher. Die Forscher vermuten in der Fachzeitschrift "Diabetes Care", dass die betroffenen Weichmacher den Glukosehaushalt beeinflussen. Eine kleine mexikanische Untersuchungsreihe (2) wies ebenfalls auf ein erhöhtes Diabetesrisiko durch Phthalate hin.
Phthalate hemmen die Bildung von Insulin
"Anscheinend hemmen bestimmte Phthalate die Bildung von Insulin", erläutert Professor Dr. med. Dr. h. c. Helmut Schatz, Endokrinologe aus Bochum und Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie: "Andere begünstigen dagegen vermutlich eine Resistenz gegen das Hormon. Dieser Zusammenhang muss nun möglichst rasch durch Studien geklärt werden." Da bestimmte Weichmacher neben einem erhöhten Diabetesrisiko auch andere gesundheitliche Schäden hervorrufen können, fordert die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie, phthalathaltige Medizinprodukte durch phthalatfreie zu ersetzen.
Literatur:
(1) Monica Lind et al.: Circulating Levels of Phthalate Metabolites Are Associated With Prevalent Diabetes in the Elderly. In: Diabetes Care, Published online April 12, 2012
(2) K. Svensson et al.: Phthalate exposure associated with self-reported diabetes among Mexican women. In: Environ Res 2011 Aug. 111(6):792-796. Epub 2011 Jun 21
Phthalate - fatale Weichmacher
Phthalate werden in sehr grossen Mengen industriell erzeugt und als Weichmacher für Kunststoffe wie etwa PVC verwendet. in Kinderspielzeug sind sie in der EU verboten. Für Verpackungen von Lebensmitteln wurden die Richtwerte für Phthalatgehalte inzwischen gesenkt. Aber viele Medizinprodukte wie Blut- und Infusionsbeutel, Schläuche oder Katheter enthalten noch immer Phthalate in höheren Konzentrationen. Die Stoffe lösen sich leicht aus dem Kunststoff und gelangen auf diese Weise in den menschlichen Körper. Die EU hat im März 2010 zumindest eine Kennzeichnungspflicht für Medizinprodukte, welche Di(2-ethylhexyl)-Phthalat enthalten, erlassen. (Quelle: DGE)
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