Was Toxoplasmose mit unserem Gehirn macht

Toxoplasmose könnte zur Entstehung psychiatrischer Erkrankungen beitragen – Foto: ©fotoliaxrender - stock.adobe.com
Eine Toxoplasmose wird durch den Parasiten Toxoplasma gondii verursacht. Oft verläuft die Infektion unbemerkt und wird meist nur für Menschen mit geschwächter Immunabwehr oder in der Schwangerschaft zum Problem. Es wird vermutet, dass sich etwa 30 bis 50 Prozent aller Menschen im Laufe ihres Lebens mit Toxoplasmen infizieren. Forscher konnten allerdings zeigen, dass die Folgen einer Toxoplasmose vielleicht doch gravierender sind als bisher gedacht. Die Wissenschaftler vom Institut für Inflammation und Neurodegeneration der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU) und vom Leibniz-Institut für Neurobiologie (LIN) hatten in einer Studie untersucht, wie der Parasit den Stoffwechsel im Gehirn seiner Wirte beeinflusst, und nachgewiesen, dass er dort die molekulare Zusammensetzung von Synapsen verändert.
Toxoplasmose kann zu Verhaltensänderung führen
Die häufigsten Übertragungswege für eine Toxoplasmose sind Katzenkot und verunreinige Lebensmittel (wie nicht ausreichend gegartes Fleisch oder rohes Obst und Gemüse), in sehr seltenen Fällen Blut- oder Organspenden. Der Parasit nistet sich im Muskelgewebe infizierter Wirte ein, aber nicht nur: „Toxoplasma gondii wird vom Menschen über die Verdauung aufgenommen, gelangt in den Blutkreislauf und wandert auch ins Gehirn, um sich dort lebenslang in Nervenzellen einzunisten“, beschreibt Dr. Karl-Heinz Smalla vom Speziallabor Molekularbiologische Techniken am LIN. Wenn die Parasiten das Gehirn befallen haben, wird man sie nicht mehr los.
In früheren Versuchen an Mäusen hatten Magdeburger Wissenschaftler bereits herausgefunden, dass es bei Toxoplasma gondii infizierten Tieren zu erstaunlichen Verhaltensänderungen kommt: „Die Mäuse, die ja Beutetiere von Katzen sind, hatten nach der Infektion ihre natürliche Furcht vor Katzen verloren. Wenn man den Nagern den Geruch von Katzenurin präsentierte, schienen sie sogar eine Präferenz für Katzen entwickelt zu haben“, so die Forscher. Um diese Verhaltensänderungen zu erklären, untersuchten sie deshalb Veränderungen in den Mäusegehirnen – und zwar insbesondere die molekulare Zusammensetzung von Synapsen, da diese die essentiellen Strukturen für die Signalverarbeitung Im Hirn sind.
Parasit verändert die molekulare Struktur der Synapsen im Gehirn
In einer Kooperation mit dem Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung in Braunschweig konnten die Forscher nachweisen, dass sich die Menge von insgesamt 300 synaptischen Proteinen im Gehirn nach einer Toxoplasmose-Infektion veränderte. Besonders stark reduziert waren vor allem Proteine an Glutamat-freisetzenden erregenden Synapsen. Andererseits wurden erhöhte Mengen an Proteinen, die an Immunantworten beteiligt sind, gefunden.
Zur Therapie von Toxoplasmose-Infektionen wird oft Sulfadiazin eingesetzt, welches die Vermehrung der Toxoplasmen teilweise behindert. Der Psychiater und Neurowissenschaftler Dr. Björn Schott erläutert: „Wir wollten nun herausfinden, wie sich eine Sulfadiazin-Behandlung auf die infektionsbedingt auftretenden molekularen Veränderungen im Gehirn auswirkt.“ Das Ergebnis: Die Proteinzusammensetzung in den Mäusehirnen war nach der Behandlung vergleichbar mit der von nicht infizierten Artgenossen.
Toxoplasmose könnte an Entstehung psychiatrischer Erkrankungen beteiligt sein
„Alle untersuchten Proteine, die für die glutamaterge Signalübertragung zuständig sind, waren wieder im Normalbereich. Und auch die Entzündungsaktivität ging messbar zurück.“ Die Infektion führt scheinbar zu einer gesteigerten Immunantwort, die die an der Glutamat-vermittelten synaptischen Erregung beteiligten Proteine verringert, während Sulfadiazin die Toxoplasmen reduziert und dadurch die Immunantwort normalisiert und somit eine Erholung synaptischer Proteine bewirkt.
Laut Prof. Dr. Ildiko Rita Dunay, Leiterin des Instituts für Inflammation und Neurodegeneration an der OVGU, unterstützen die neuen Erkenntnisse auch die Vermutung, dass Toxoplasma gondii ein Risikofaktor für neuropsychische Erkrankungen seien. „Fehlfunktionen glutamaterger Synapsen werden mit den Ursachen von Depressionen, Schizophrenie und Autismus in Verbindung gebracht. Auch Komponenten der Immunantwort zeigen Bezüge zu diesen Erkrankungen“, so Dunay. Das lege den Verdacht nahe, dass möglicherweise durch Immunreaktionen Veränderungen an der Synapse verursacht werden, die zu neuropsychiatrischen Störungen führen können.
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