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Was läuft schief im Pandemie-Management? Bundesweite Umfrage gestartet

Donnerstag, 22. April 2021 – Autor:
Es muss Gründe geben, warum Deutschland die Pandemie einfach nicht in den Griff kriegt. Nun fragt das IGES-Institut Bürger nach ihren Beobachtungen vor Ort. Jeder kann an der bundesweiten online-Umfrage teilnehmen und seine Verbesserungsvorschläge einbringen.
Verbesserungsvorschläge fürs Pandemie-Management erbeten: Die IGES-Befragungsstudie läuft noch bis Ende Mai

Verbesserungsvorschläge fürs Pandemie-Management erbeten: Die IGES-Befragungsstudie läuft noch bis Ende Mai – Foto: © Adobe Stock/alvaro

Täter werden oft erst durch Hinweise aus der Bevölkerung gefasst. An diesem Punkt befindet sich auch die verfahrene Corona-Politik. Die vom Bundestag gerade verabschiedete Bundes-Notbremse macht noch einmal überdeutlich, dass aus dem vergangenen Jahr offensichtlich keine oder die falschen Schlüsse gezogen wurden.

Frag den Bürger

Das IGES-Institut hat aus diesem Grund am Montag eine online-Bürgerbefragung gestartet. Alle Bürger in Deutschland sind aufgerufen, über ihre regionalen Erfahrungen mit der Pandemie zu berichten und Verbesserungsvorschläge einzubringen. Ziel der in ihrer Form bisher einmaligen Befragungsstudie ist es, anhand dieser Erkenntnisse zielgerichtete Maßnahmen im Kampf gegen Corona zu entwickeln und damit undifferenzierte Lockdowns zu verhindern.

Die Idee für die Befragung hatte IGES-Chef Prof. Bertram Häussler, der nicht einsehen will, warum nach über einem Jahr Pandemie immer noch keine Alternativen zu massiven Eingriffen wie Lockdowns oder Ausgangssperren existieren. „Das ist untragbar, denn es geht auch anders“, sagt der Mediziner und Soziologe.

Regionale Unterschiede werden nicht hinterfragt

Sein Hauptkritikpunkt ist, dass die Politik aus den Ereignissen des vergangenen Jahres keine Lehren zieht. Seinem Corona-Monitoring zufolge sind es nämlich immer dieselben Regionen, die von hohen Inzidenzen und Ausbrüchen betroffen sind. So existieren zwischen einzelnen Kreisen oder ganzen Bundesländern Inzidenz-Unterschiede von mehr als dem Dreifachen, und das seit Beginn der Pandemie. Aber warum das so ist, welche Hintergründe jeweils wo eine Rolle spielen, werde nicht hinterfragt oder das Wissen darüber bleibe unter Verschluss, kritisiert der Professor für Gesundheitsökonomie.

Es geht darum, massive Einschränkungen zu verhindern

Doch genau hier steckt der Hase im Pfeffer: Wenn lokales Wissen über das Corona-Infektionsgeschehen besser genutzt würde, könnte man dem Land die massiven Eingriffe ersparen, die das gesamte Bildungssystem und die Wirtschaft lahmlegen, ist Häussler überzeugt.

Und da die Politik nicht liefert, ruft das IGES-Institut das lokale Wissen jetzt von den Bürgern ab. Umfrageteilnehmer können im Fragegebogen frei ihre eigenen Erfahrungen und Beobachtungen schildern. „Welches Problem ist Ihnen aufgefallen?" Wichtig ist der lokale Bezug, also die Nennung des Ortes, auf den sich die persönlichen Beobachtungen beziehen. Anschließend können Maßnahmen genannt werden, die das Problem lösen könnten. In zwei weiteren Textfeldern können die Teilnehmenden darüber hinaus Dinge nennen, die an dem ausgewählten Ort besonders gut laufen sowie allgemeine Vorschläge machen.

Bürger bemängeln bisher vor allem die Teststrategie

Nach Auskunft von Bertram Häussler haben in den ersten drei Tagen bereits 750 Personen an der Umfrage teilgenommen. Erste Analysen mittels KI-basierter Methoden deuten vor allem auf massive Probleme bei der Teststrategie hin, etwa dass versprochene Tests nicht geliefert oder Testergebnisse nicht übermittelt werden. „Die Menschen haben vor Ort häufig einen genaueren Blick auf die Ursache von Infektionen und die Probleme als dies von Landes- und Bundesperspektive möglich ist“, sagt Häussler. Deshalb müsse man das jetzt von unten aufziehen.

Ergebnisse in wenigen Wochen

Noch bis Ende Mai, also gut vier Wochen, soll die öffentliche Umfrage laufen. Anschließend werden die Ergebnisse rasch ausgewertet und in einem „nationalen Bericht“ mit konkreten Handlungsempfehlungen zusammengefasst. Adressat ist laut Häussler nicht nur die Politik. Es gehe auch darum, bei den Bürgern ein Bewusstsein zu schaffen. „Jeder soll daraus etwas lernen“, so Häussler.

Der IGES-Chef hofft auf eine hohe Beteiligung, um ein repräsentatives Bild von der Lage zu bekommen. Die Umfrage dauert je nach Mitteilungsbedarf 10 bis 30 Minuten. Die Teilnahme ist anonym und kostenlos. Wer mitmacht, trägt auf konstruktive Weise zu einem besseren und differenzierten Pandemie-Management bei. Über diesen Link geht’s zur Befragungsstudie: https://coronabefragung.iges.de/

Hauptkategorien: Corona , Medizin , Gesundheitspolitik
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