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Was Ärzte von Anwendungsbeobachtungen halten

Samstag, 10. September 2016 – Autor:
Anwendungsbeobachtungen stehen in der Kritik. Rund die Hälfte der Ärzte hält die Beobachtungsstudien jedoch für sinnvoll, wie eine Umfrage des Deutschen ArztPortals zeigt.
Die Meinung zu Anwendungsbeobachtungen ist geteilt:Viele bezweifeln ihren wissenschaftlichen Nutzen

Die Meinung zu Anwendungsbeobachtungen ist geteilt:Viele bezweifeln ihren wissenschaftlichen Nutzen – Foto: Pictures news - Fotolia

Anwendungsbeobachtungen dienen dazu, die Sicherheit neuer Arzneimittel nach Marktzulassung zu überprüfen. Damit soll der langfristige Einsatz in großen Populationen unter Alltagsbedingungen bewertet werden, und eben nicht unter vorgeschriebenen Studienbedingungen. Doch da Ärzte oft beachtliche Honorare für Anwendungsbeobachtungen bekommen, hat das Ganze einen Beigeschmack. Kritik wurde laut, nachdem Ärzte kürzlich im Rahmen der Transparenzoffensive ihre Vergütungen von der Pharmaindustrie offenlegten. NDR, WDR, Süddeutscher Zeitung und Correctiv hatten recherchiert, dass im vergangenen Jahr etwa 600 solcher Studien liefen. Demnach zahlt die Pharmaindustrie jährlich etwa 100 Millionen Euro an Ärzte für die Mitarbeit an den umstrittenen Studien.

Anreiz, schlechte oder teure Medikamente zu verschreiben

Aus Sicht des Vorsitzenden der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Wolf-Dieter Ludwig besteht die Gefahr, dass Ärzte wegen des finanziellen Anreizes teurere oder gar schlechtere Mittel verschreiben. Kritisch äußerte sich auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Die Honorare stünden in keinem Verhältnis zum Aufwand und seien hoch gefährlich, kritisierte er. Da Ärzte dazu animiert würden, ein bestimmtes Medikament zu verschreiben, sprach er schon vor Jahren von einer "legalen Form der Korruption".

Das Deutsche ArztPortal hat nun 250 Ärzte zu ihrer Meinung befragt. Dabei kam heraus, dass 53 Prozent der Ärzte die Beobachtungsstudien für sinnvoll erachten, um die Sicherheit neuer Arzneimittel nach Marktzulassung zu überwachen. Dreht man das Ergebnis um, stehen immerhin 47 Prozent den Anwendungsbeobachtungen skeptisch gegenüber.

Zweifel an wissenschaftlichem Nutzen

Ein möglicher Grund: Anders als bei klinischen Studien gibt es bei Anwendungsbeobachtungen in der Regel keine Vergleichsgruppe. Das heißt, niemand kann beurteilen, was passiert wäre, wenn die Patienten kein Medikament bekommen hätten oder ein anderes. Kritiker wie der Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) Jürgen Windeler bezweifeln daher deren wissenschaftlichen Nutzen. Laut Stimmen aus Politik und Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft soll es künftig nur noch von Behörden vorgeschrieben Anwendungsbeobachtungen geben.

Foto: © Pictures news - Fotolia.com

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