Warum Zähneputzen auch vor Diabetes, Herzinfarkt und Schwangerschafts-Komplikationen schützt

Das beste Präventionsprogramm gegen Parodontitis ist eine sorgfältige tägliche Zahnpflege. Wichtig ist auch eine regelmäßige professionelle Zahnreinigung beim Zahnarzt. Auch mit dem Rauchen aufhören, ist sehr erfolgversprechend. Denn bei Rauchern ist das Parodontitis-Risiko um das Vier- bis Sechsfache erhöht. – Foto: AdobeStock/Viktoriia
Zweimal täglich Zähne putzen: Das ist das absolute Minimum dessen, was man tun sollte, um seine Zahn- und Mundgesundheit zu erhalten. Bei der Zahnpflege kann man fast nicht übertreiben – und sie ist wichtiger, als die meisten erwarten. Mangelhafte Mundhygiene kann folgenschwere Entzündungsprozesse auslösen. Millionen Deutsche sind von einer chronischen Entzündung des Zahnhalteapparats betroffen, von Parodontitis – oft ohne es zu bemerken, weil die Entzündung erst einmal schmerzlos verläuft.
Was genau ist „Parodontitis“?
„Eine Parodontitis entwickelt sich in den meisten Fällen schleichend“, heißt es in einer Patienteninformation der Bundes-Zahnärztekammer (BZÄK). Zu den frühen Anzeichen gehört demnach die Gingivitis (Zahnfleischentzündung). Bleibt sie unbehandelt, entstehen Zahnfleischtaschen, in denen sich schädliche Bakterien vermehren können. Die mögliche Folge ist eine bakterielle Infektion, die das Gewebe und den Kieferknochen angreift und abbaut. Der Zahn verliert dadurch zunehmend an Halt und kann nach einiger Zeit sogar ausfallen.
Sowohl bei der Gingivitis als auch bei der Parodontitis werden aus dem Biofilm bakterielle Stoffwechsel- und Zerfallsprodukte freigesetzt, die Abwehrreaktionen des Körpers auslösen. Die Hauptrolle bei der Gewebszerstörung selbst spielt das eigene Immunsystem, das versucht, die Bakterien zu beseitigen. Laut Definition ist Parodontitis „eine bakteriell bedingte Entzündung, die sich in einer weitgehend irreversiblen Zerstörung des Zahnhalteapparates (Parodontium) zeigt“.
Schwere Parodontitis bei zehn Millionen Deutschen
Schätzungen zufolge haben in Deutschland rund zehn Millionen Menschen eine schwere parodontale Erkrankung. Im Zusammenhang mit dieser Zahl spricht die Zahnärztekammer von „Zündstoff“: Erstens, weil so viele Menschen davon betroffen sind. Zweitens, weil Parodontitis unsere Gesundheit weit über die Zahngesundheit hinaus beeinflussen kann. „Gelangen Bakterien und Entzündungsstoffe in den Blutkreislauf, verursachen sie häufig Probleme in anderen Regionen des Körpers“, warnt die Bundes-Zahnärztekammer.
Parodontitis erhöht Risiko für Frühgeburten
So werden beispielsweise Zusammenhänge zwischen einer Parodontitis und Schwangerschaftskomplikationen angenommen. Werdende Mütter sollten daher immer auch zur zahnärztlichen Kontrolle gehen. Orale Entzündungsprozesse stehen im Verdacht, das Risiko für Frühgeburten oder ein unterdurchschnittliches Geburtsgewicht von Neugeborenen zu erhöhen.
Wechselwirkung von Parodontitis und anderen Krankheiten
Medizinische Studien zeigen, dass die Parodontitis als Erkrankung der Mundhöhle Wechselbeziehungen gleich mit einer ganzen Reihe von anderen Erkrankungen jenseits davon im Körper eingehen kann. Die Entzündung im Mund kann einerseits von diesen Allgemein-Erkrankungen selbst mit ausgelöst werden – oder umgekehrt diese mit auslösen. Beispiel Diabetes: Bei Diabetikern besteht ein höheres Risiko für die Entstehung einer Parodontal-Erkrankung – vor allem dann, wenn die Blutzuckerwerte schlecht eingestellt sind. Umgekehrt kann wiederum eine Infektion des Zahnhalteapparats – wie alle Infektionen – zu Schwierigkeiten bei der Kontrolle des Blutzuckerspiegels führen und damit die Einstellung der Blutzuckerwerte erschweren.
Folgende Wechselwirkungen zwischen Parodontitis und Allgemein-Erkrankungen sind in der Medizin bestätigt oder werden zumindest als plausibel diskutiert:
- Diabetes mellitus
- Rheuma
- chronischen Atemwegserkrankungen
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall
- Alzheimer-Erkrankung
„Zahnloser Lebensabend – kein unvermeidbares Schicksal"
Auch wenn die Zahl der Parodontitis-Fälle aktuell hoch ist: Dank guter präventiver Möglichkeiten sei der Trend rückläufig, so die Zahnärztekammer. Seit 1. Juli dieses Jahres erhalten Parodontitis-Patienten auch mehr Leistungen der Krankenkassen. „Eine Parodontitis kann behandelt werden. Zähne können durch eine gezielte Vorsorge bis ins hohe Alter erhalten bleiben – ein zahnloser Lebensabend ist also kein unvermeidbares Schicksal", sagt der Präsident der Bundes-Zahnärztekammer, Christoph Benz. „Das geht aber nur, wenn das Bewusstsein für diese ‚stille Erkrankung‘ da ist. Und wenn die Patientinnen und Patienten mitmachen und am Ball bleiben.“
Parodontitis-Prävention: Was jeder tun kann – und sollte
- Sorgfältige und regelmäßige Mundhygiene: zweimal am Tag Zähneputzen, Zahnseide oder Zahnzwischenraumbürsten anwenden
- Ein- bis zweimal im Jahr professionelle Zahnreinigung (PZR) beim Zahnarzt. Hier lohnt sich ein Blick auf die Bonusprogramme der eigenen Krankenkasse, die auch Angebote im Zusammenhang mit einer PZR enthalten können.
- Mit einer gesunden Ernährung lässt sich das Parodontitis-Risiko senken: wenig verarbeitete Kohlenhydrate; dafür viel Omega-3 Fettsäuren, pflanzliches Vitamin C und Ballaststoffe.
- Das Rauchen aufgeben. Das Risiko, eine Parodontitis zu entwickeln, ist bei Rauchern vier- bis sechsmal so hoch wie bei Nichtrauchern. Wie der Rauchstopp klappt, erfahren Sie hier.
Zähne putzende Kinder – selten Parodontitis als Erwachsene
Noch ein wichtiger Rat von Zahnärzten an Eltern: Kinder und Jugendliche, die früh und altersgerecht an regelmäßige und sorgfältige Mundhygiene herangeführt werden, haben gute Chancen, im Erwachsenenalter keine Parodontitis zu entwickeln.