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Warum wir beim Eis-Essen Zahnschmerzen haben

Mittwoch, 31. März 2021 – Autor:
Eis essen macht Kinder froh und Erwachsene ebenso. Nur: Menschen mit empfindlichen Zähnen haben da oft das Gefühl, als würde ein Blitz einschlagen. Dieser Schutzreflex ist einer der stärksten im Körper überhaupt. Wissenschaftler der Universität Erlangen-Nürnberg haben jetzt herausgefunden, warum das so ist.
Mädchen ist Eis am Stiel und hält sie die Hand an die Wange, weil sie  Zahnschmerzen hat.

Autsch!: Der plötzliche Zahnschmerz beim Kontakt mit Kälte gehört zu den stärksten Schutzreflexen des menschlichen Körpers und hat die Aufgabe, die kostbare Zahnsubstanz vor Schäden zu bewahren. – Foto: AdobeStock/Pixel-Shot

„Zahnschmerzen sind für viele Menschen der Horror, und überempfindliche Zähne sind nicht weniger belastend“, weiß Katharina Zimmermann von der Anästhesiologischen Klinik des Universitätsklinikums Erlangen. „Wer gerne Eis isst und empfindliche Zähne hat, kennt das Problem: Kaum berührt das Eis den Zahn, schlägt der Blitz ein.“

Kostbare Zahnsubstanz – heftiger Schutzreflex

Ein internationales Forscherteam unter der Leitung Zimmermanns hat jetzt den Ort und den Mechanismus entdeckt, die für die massive Empfindlichkeit von Zähnen bei Kontakt mit Kälte verantwortlich sind. Dies ist keine Krankheit, sondern ein körpereigener Mechanismus, der die menschlichen Zähne vor Überlastung schützt. „Die Natur hat in den Zähnen den stärksten Schutzreflex im Körper installiert“, erklärt die Schmerzforscherin von der Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). „Denn Zähne heilen nicht, wenn sie einmal brechen.“ Deshalb sorgt der Körper dafür, dass dies möglichst erst gar nicht geschieht.

Der Reflex selbst schützt deshalb das Zahnmark und die empfindlichen Zellen des Zahngewebes, die sogenannten Odontoblasten. Diese bilden nicht nur die Hartsubstanz des Zahns, also das Zahnbein und den Zahnschmelz: Sie funktionieren auch als Kältesensoren. Das hat das Forschungsteam der FAU nun erstmals nachgewiesen.

Kältesensor „TRPC5" im Zahn misst Temperaturänderungen

Im Detail funktioniert die Kältemessung des Körpers in den Zähnen so: Der Zellkörper der Odontoblasten und ihre Nervenendigungen liegen am äußeren Rand des Zahnmarks. Sie besitzen einen Fortsatz, der in einem feinen Kanälchen im Zahnbein verläuft und dort Temperaturänderungen misst. Spürt er Kälte, erzeugt er einen elektrischen Impuls und übermittelt diese Information ans Gehirn: So wird die schmerzhafte Reaktion auslöst.

Natürliches Nelkenöl blockiert den TRPC5-Kälterezeptor

Das Wissen darum, dass der Ionenkanal mit der Fachbezeichnung „TRPC5" für das Kälteempfinden in Zähnen verantwortlich ist, ist nach Aussagen von Anästhesistin Zimmermann „ein hervorragender Ansatzpunkt für künftige Mittel gegen Zahnschmerz und kälteüberempfindliche Zähne“. Das von ihr geleitete Forscherteam gewann bei seinen Arbeiten noch eine weitere Erkenntnis: Es fand auch eine Erklärung für den Wirkmechanismus eines uralten Hausmittels gegen Zahnschmerzen: Nelkenöl. Dessen Hauptbestandteil ist Eugenol: ein Naturstoff, der den TRPC5-Rezeptor blockiert. Eugenol besitzt einen intensiven Geruch nach Gewürznelken und gehört chemisch zu den Phenylpropanoiden. Das sind organische Verbindungen, die als Bestandteil von ätherischen Ölen häufig vorkommen.

Mechanismus der Kälteempfindlichkeit entschlüsselt

Entschlüsselt haben die Erlanger Wissenschaftler den Mechanismus der Kälteempfindlichkeit durch Experimente an Mäusezähnen. Das Forschungsteam entwickelte eine neue Methode, elektrische Impulse von Zahnnerven intakter Mäusezähne zu registrieren. „Durch eine spezielle Technik mit Glaselektroden konnte ich normale Mäuse mit Mäusen vergleichen, denen das Molekül TRPC5 fehlte“, berichtet die Elektrophysiologin Laura Bernal aus dem internationalen Forscherteam. „Es zeigte sich, dass TRPC5 für einen Großteil der Kaltantworten im Zahn entscheidend ist und dass TRPC5-Antagonisten die Kaltantworten blockieren.“

Hauptkategorie: Medizin
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