Warum Übergewicht Depressionen begünstigt
Verschiedene Langzeitstudien haben gezeigt, dass übergewichtige Menschen eher Depressionen entwickeln als normalgewichtige. Worauf dieser Zusammenhang beruht, ist jedoch weniger leicht festzustellen. Zwar liegt es nahe, dass übergewichtige Menschen aufgrund der Stigmatisierung sowie gesundheitlicher Probleme eher zu Depressionen neigen, doch diese Erklärung scheint nicht auf alle Betroffenen zuzutreffen.
Auf einen ganz anderen Zusammenhang weist eine aktuelle Studie hin, an der unter anderem das Integrierte Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB) für AdipositasErkrankungen der Universität Leipzig teilgenommen hat. Demnach produziert das Fettgewebe adipöser Menschen mehr Zytokine als bisher angenommen. Diese Zytokine können dann im gesamten Körper zu entzündlichen Prozessen führen, die wiederum nicht nur die Wahrscheinlichkeit, an Diabetes oder Herz-Kreislauf-Leiden zu erkranken, sondern auch das Risiko für Depressionen erhöht.
Zytokine bei Adipositas erhöht
Zytokine bilden eine Gruppe von Eiweißen, die eine wichtige Rolle bei der Immunabwehr spielen. Sie wirken als Botenstoffe, über welche die Immunzellen miteinander kommunizieren. Es gibt entzündungsfördernde und entzündungshemmende Zytokine, die sich normalerweise in einem Gleichgewicht befinden. Dieses Gleichgewicht ist wichtig, damit Krankheitserreger bekämpft werden, die Immunabwehr danach aber auch wieder zum Erliegen kommt. Liegen hingegen beispielsweise zu viele entzündungsfördernde Zytokine vor, kann es zu einer chronischen Entzündung kommen.
Für die aktuelle Studie maßen die Forscher bei 200 adipösen und normalgewichtigen Studienteilnehmern die Zytokinspiegel im Blut sowie die körperliche Aktivität und den Energieverbrauch. Es zeigte sich, dass bei den übergewichtigen Probanden bestimmte Zytokine wie Interleukin-5 und Interleukin-13 erhöht waren; die höchsten Werte erreichten diejenigen Teilnehmer, bei denen das Bauchfett besonders ausgeprägt war. "Das Besondere an der Studie ist, dass wir erstmalig Blutkonzentrationen von bestimmten Zytokinen gemessen haben, für die bislang nur eine Rolle für entzündliche Erkrankungen wie Asthma, nicht aber für die Adipositas und ihre Folgeerkrankungen bekannt war", erklärt Adipositas-Forscher Professor Hubertus Himmerich. "Jetzt können wir uns besser erklären, warum solche Krankheiten häufiger bei adipösen Patienten auftreten."
Entzündungsprozesse können zu Depressionen führen
Auch bei Menschen mit Depressionen konnten Forscher des IFB erhöhte Zytokinwerte feststellen. Und depressive Patienten, die zusätzlich adipös waren, zeigten die höchsten Konzentrationen bestimmter Zytokine. Die Forscher erklären sich dies damit, dass Zytokine die Ausschüttung von Botenstoffen im Gehirn beeinflussen und unter anderem die Produktion von Serotonin senken können. „Die größere Ausschüttung der Zytokine im Fettgewebe könnte also mit erklären, warum adipöse Menschen häufiger an Depressionen erkranken als normalgewichtige“, so Himmerich.
Interessanterweise wurden bei den Probanden, die zwar adipös waren, sich jedoch viel bewegten, niedrigere Zytokinwerte gemessen als bei den inaktiven Studienteilnehmern. Bewegung kann also auch bei vorhandenem Übergewicht die Produktion der entzündungsfördernden Zytokine und damit die Wahrscheinlichkeit für Folgeerkrankungen wie Diabetes oder Depressionen reduzieren.
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