Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Warum Silvesterfeuerwerk nicht mehr zeitgemäß ist

Sonntag, 31. Dezember 2017 – Autor: Anne Volkmann
Feuerwerk gehört wie selbstverständlich zu unseren Bräuchen an Silvester. Dabei richtet es Jahr für Jahr viel Schaden an: Zahlreiche Menschen werden verletzt, die Umwelt wird belastet und für Tiere ist die Böllerei eine Qual.
Silvesterfeuerwerk

Feuerwerk soll Spaß machen - doch für viele endet es im Krankenhaus – Foto: ©ChrWeiss - stock.adobe.com

Jedes Jahr ist es dasselbe: Schon vor der Silvesternacht werden zahlreiche Unfälle mit Feuerwerkskörpern gemeldet. In der Nacht zum 1. Januar steigt die Zahl dann noch: Etwa 50 bis 60 schwere Handverletzungen werden in einer Silvesternacht in einem einzigen großstädtischen Krankenhaus behandelt. Darauf machen die Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie e.V. (DGH) und die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU) aufmerksam.

Schwere Verbrennungen und abgetrennte Finger

Betroffen von den Unfällen sind meist junge Männer zwischen 15 und 30 Jahren, eine weitere Risikogruppe sind 50- bis 60-jährige Männer. Aber auch Kinder sind häufige Unfallopfer. Zu den häufigsten Verletzungen zählen tiefe Verbrennungen, abgetrennte Finger oder Fingerglieder. Die schwersten Folgen verursachen selbst gebastelte oder außerhalb des Fachhandels erworbene Böller. Diese sind besonders gefährlich, da sie zu früh oder viel stärker explodieren können als erwartet. Aber auch Feuerwerk mit Sicherheitssiegel ist längst nicht ungefährlich. DGH und DGOU rufen daher zum verantwortungsvollen Umgang mit Feuerwerkskörpern auf.

Unfälle sind allerdings längst nicht die einzigen schädlichen Folgen des Silvesterfeuerwerks. Laut Umweltbundesamt entsteht in einer Silvesternacht so viel Feinstaub wie in 55 Tagen mit normalem Straßenverkehr. Am 1. Januar des vergangenen Jahres verzeichneten viele Mess-Stationen in Deutschland einen Feinstaubgehalt, der weit über den Grenzwerten lag – zum Teil über das 20-Fache darüber.

Feinstaub dringt bis in die Lunge vor

Experten warnen daher vor einer besonderen Gesundheitsbelastung in der Silvesternacht und raten zum Beispiel davon ab, am Neujahrstag joggen zu gehen. Denn die Schadstoffe können die Atemwege beeinträchtigen, zu Herz-Kreislauf-Schäden führen und sogar das Gehirn negativ beeinflussen. Die feinen Teilchen, in denen sich unter anderem Ruß und Kohlenwasserstoffen mischen, haben einen Durchmesser von weniger als zehn Mikrometern und dringen bis in die Nasenhöhle und Luftröhre vor. Noch kleinere Partikel können sich sogar in den Bronchien und Bronchiolen, den feinen Verästelungen der Lunge, ablagern.

Im Vergleich zu anderen Feinstaub-Quellen wie dem Straßenverkehr kommt beim Feuerwerk noch Schwarzpulver hinzu, das aus Kaliumnitrat, Schwefel und Holzkohle besteht. Außerdem sorgen Strontium-, Kupfer- und Bariumverbindungen, sogenannte Effektsätze, für das Knallen, Pfeifen und Leuchten am Himmel. Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), nennt dies „ein Vergiften der Luft, das nicht mehr zeitgemäß ist.“

Häufige Silvesterfolge: Knalltrauma

Eine weitere, oft unterschätzte Gefahr zu Silvester ist das Knalltrauma, das durch die Detonationen von Feuerwerkskörpern ausgelöst werden kann. Bei einem explodierenden Feuerwerkskörper in einer Nähe von weniger als zwei Metern wirken auf die Ohren einige Millisekunden lang Schallimpulse, die Spitzen von bis zu 160 Dezibel erreichen können. Zum Vergleich: Ein startendes Düsenflugzeug wirkt bei einer Entfernung von 30 Metern mit 150 Dezibel auf die Ohren. Ein Knalltrauma wird bereits durch einen Schalldruckpegel von 140 Dezibel ausgelöst. Mehr als ein Drittel der Betroffenen behalten durch die Verletzungen des Innenohrs bleibende Schäden wie Tinnitus und Hörverlust zurück.

Tiere leiden an Silvester besonders

Eine besondere Qual ist die Silvesterknallerei für die Tiere. Sie reagieren auf den Lärm häufig mit Angst und Panik. Vor allem für Wildtiere kann das Spektakel lebensgefährlich werden, wie der Landestierschutzverband mitteilt. Aber auch andere Tiere reagieren häufig mit starker Angst. So trauen sich Hunde oft noch Tage nach Silvester nicht mehr nach draußen, Katzen mit Freigang kommen – geschockt durch die Knallerei – häufig nicht mehr nach Hause, und Pferde können sich in ihrer Panik leicht in den Boxen selbst verletzen. Der Landestierschutzverband bittet daher um Rücksichtnahme und fordert dazu auf, Tiere und Natur zu schonen und ihnen das Feuerwerk zu ersparen.

Zu guter Letzt ist die Silvesterböllerei auch eine Frage des Geldes: Mehr als 100 Millionen Euro jagen die Deutschen am Jahresende in Form von Feuerwerkskörpern in die Luft. Die Hilfsorganisation „Brot für die Welt“ ruft daher immer zum Jahreswechsel unter dem Motto „Brot statt Böller“ zu Spenden auf. Wem das Silvesterfeuerwerk Unbehagen bereite, „weil hier Millionen Euro im wahrsten Sinne des Wortes verpulvert werden“, könne für Menschen in Not spenden, so Cornelia Füllkrug-Weitzel, die Präsidentin des evangelischen Hilfswerks.

Foto: © ChrWeiss - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin

Weitere Nachrichten zum Thema Feuerwerk

Kanonenschläge und Raketen sind für viele ein Silvester-Spaß - aber sie sind auch Gift für das Gehör. Die Knallerei jenseits der menschlichen Schmerzgrenze kann Akut- und Spätschäden verursachen und zu Schwerhörigkeit führen. Kinder und Jugendliche sind dabei besonders in Gefahr. Dabei gibt es ein einfaches Gegenmittel.

06.12.2020

Fast 12.000 Menschen sterben in Deutschland jährlich durch Haushaltsunfälle. Das ist fast die Hälfte aller Unfalltoten im Jahr. Hauptunfallursache im Privatbereich sind nach wie vor Stürze, besonders gefährdet sind Senioren. Hierauf weist die Aktion „Das Sichere Haus“ hin und gibt Tipps, um Unfallquellen zu identifizieren – und zu entschärfen.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin