Warum Raucher seltener an Covid-19 erkranken, aber öfter daran sterben
Seit Beginn der Corona-Pandemie gibt es Hinweise, dass Raucher seltener positiv auf SARS-COV-2 getestet werden als Nichtraucher. Dies hatte zum Beispiel die Heinsberg-Studie gezeigt und eine Studie aus Paris. Das sogenannte „Raucher-Paradox" zeigte sich in verschiedenen weiteren Studien. Bislang war allerdings unklar, warum ausgerechnet das Rauchen vor einer Covid-Infektion schützen sollte.
Der Bonner Virologe Hendrik Streeck, Leiter der Heinsberg-Studie, vermutete, dass der Rachen von Rauchern gereizter sei und darum mehr Immunaktivität aufweise. Folglich habe es das Virus schwerer, eine Infektion auszulösen. Er sagte aber auch dazu, das sei reine Spekulation.
Rauchen sorgt für weniger ACE2-Rezeptoren auf den Zellen
Nun sind Forscher aus Japan den Ursachen auf den Grund gegangen und wurden fündig: Demnach vermindert ein bestimmter Stoff im Zigarettenrauch die Anzahl der ACE2-Rezeptoren, die dem Coronavirus als Eintrittspforte in die Zellen der Atemwege dienen.
Bei dem nun identifizierten Stoff handelt es sich um sogenannte polyzyklische aromatische Wasserstoffe – kurz PAKs. Die Stoffe gelten als krebserregend, können aber laut den Forschern für eine Art Infektionsschutz sorgen, indem sie die Bildung von ACE2 hemmen. Die Experimente wurden mit Zellkulturen durchgeführt und zeigen die dahintersteckenden molekularen Mechanismen auf. Dass Raucher tatsächlich weniger ACE2-Rezeptoren haben, wurde in der Studie nicht gezeigt, ist aber sehr plausibel.
Dennoch wäre es ein Trugschluss, das Rauchen als Infektionsschutz zu empfehlen. Denn wenn ein Raucher an Covid-19 erkrankt, dann ist sein Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf deutlich erhöht. Diesen Zusammenhang zeigen wiederum etliche Studien und Meta-Anlaysen, was nicht verwunderlich ist, da Rauchen nicht nur die Lunge, sondern auch die Blutgefäße schädigt.
Raucher und Ex-Raucher sterben öfter an Covid-Infektion
Anfang des Jahres war im Wissenschaftsjournal JAMA zum Beispiel eine Studie aus den USA erschienen, die an Covid erkrankten Rauchern eine geringere Überlebenschance attestierte, und zwar unabhängig davon, ob sie aktive oder ehemalige Langzeitraucher waren. Entscheidend ist demnach die Zahl der sogenannten Packungsjahre, also die durchschnittliche Anzahl der gerauchten Zigaretten-Packungen pro Tag multipliziert mit der Dauer des Rauchens in Jahren. Probanden, die auf mehr als 30 Packungsjahre kamen, hatten im Vergleich zu Nichtrauchern ein um 30 Prozent erhöhtes Risiko für eine Behandlung im Krankenhaus als auch an Covid zu sterben. Alter und Begleiterkrankungen herausgerechnet.
Eine aktuelle Beobachtungsstudie aus Oxford kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Demnach ist das Risiko von Rauchern für eine Krankenhauseinweisung fast doppelt so hoch wie von Nicht-Rauchern.