Warum Lesen gut für die Psyche ist und das Leben verlängern kann

Lesen kann der Seele gut tun – Foto: ©JenkoAtaman - stock.adobe.com
Heute verbringen die meisten Menschen sehr viel mehr Zeit vor Computer- und Handybildschirmen als damit, Bücher zu lesen. Dabei gibt es nach wie vor viele gute Gründe für „richtiges“, also vertieftes und längeres Lesen. Es trägt zum Beispiel dazu bei, den eigenen Horizont zu erweitern, der Welt für eine Weile zu entfliehen und auch, sich selbst einfach eine Freude zu machen. Nebenbei steigert das Lesen von Büchern Intelligenz und Empathie, kann die Entwicklung von Demenzerkrankungen hinauszögern und uns sogar resilienter gegen psychische Erkrankungen machen. Zudem haben Studien Hinweise darauf gefunden, dass Lesen sogar das Leben verlängern kann.
Wer Bücher liest, lebt länger
Doch woher kommen all diese positiven Auswirkungen des Lesens auf unsere psychische – und letztlich auch physische – Gesundheit? Dieser Frage sind Forscher der University of Michigan (USA) nachgegangen. Seit 1992 untersuchten sie anhand von Fragenbögen den Zusammenhang von Gesundheit und Ruhestand älterer Menschen. Dem Leseverhalten wurde dabei lange Zeit kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Erst im Jahr 2016 werteten Wissenschaftler am Institut für Gesundheitswesen an der Yale University die Studiendaten von zwölf Jahren Befragungen neu aus. Der Fokus lag dabei auf den Lesegewohnheiten sowie dem Gesundheitszustand von mehr als 3.600 Frauen und Männern über 50 Jahren.
Die Forscher fanden dabei einen interessanten Zusammenhang: Wer über mehrere Jahre hinweg mindestens eine halbe Stunde pro Tag ein Buch las, lebte im Durchschnitt zwei Jahre länger als Personen, die gar nicht oder nur Zeitungen lasen. Dabei spielte es keine Rolle, ob die Personen Romane oder Sachbücher, Lyrik oder Prosa bevorzugten. Noch bemerkenswerter war, dass diejenigen, die mehr als drei Stunden pro Woche Bücher lasen, eine um 23 Prozent geringere Sterberate aufwiesen als Probanden, die nur Zeitungen oder Zeitschriften lasen.
Lesen steigert die Leistungsfähigkeit des Gehirns
Forscher vermuten, dass Lesen das Gehirn widerstandsfähiger macht. Doch warum steigert das Lesen von Büchern die Leistungsfähigkeit des Gehirns, das Lesen von Zeitungen und Zeitschriften hingegen nicht? Die Wissenschaftler aus Yale sind der Meinung, dass die Lektüre von Büchern zum einen das „tiefe“ Lesen fördert. Im Gegensatz zum Überfliegen einer Zeitungsseite mit Schlagzeilen muss das Gehirn hier größere Zusammenhänge herstellen, kritisch denken und Bezüge von einem Kapitel zum nächsten sowie zur realen Welt finden. Dabei werden neue Verbindungen zwischen verschiedenen Regionen des Gehirn sowie zwischen beiden Hirnhälften angelegt. Wer dies über längere Zeit hinweg trainiert, fördert damit schnelleres Denken und kann sich besser gegen die Auswirkungen des altersbedingten kognitiven Verfalls schützen.
Bücher fördern Empathie und emotionale Intelligenz
Das Lesen von Büchern bewirkt aber offenbar noch viel mehr. Offenbar kann es die Empathie sowie die emotionale Intelligenz steigern. In einer Studie aus dem Jahr 2013 stellten Forscher der New School in New York City fest, dass Bücherleser mehr Empathie zeigten als Zeitungsleser. Eine andere Studie des National Endowment for the Arts konnte unter anderem belegen, dass Menschen, die oft Bücher lesen, anderen Kulturen gegenüber offener sind, sie eher akzeptieren und häufiger positiv bewerten als nichtlesende Menschen.
Schutz vor Demenz?
Doch auch das Lesen von Zeitschriften, Zeitungen und Internetartikeln kann Vorteile bringen, denn jeder Lesestoff, der den Geist anregt und neue Informationen, Wörter und Ausdrücke vermittelt, scheint sich positiv auf das Gehirn auszuwirken. Das wird auch durch Studien bestätigt, die zeigen, dass Menschen, die mehrere Sprachen sprechen, länger vor Demenz und kognitivem Verfall geschützt sind.
So wurden zum Beispiel bei Untersuchungen von Senioren nach derem Tod Anzeichen von Alzheimer im Gehirn gefunden, obwohl sie zu Lebzeiten nie Symptome einer Demenzerkrankung zeigten. Forscher vermuten, dass die Personen die Schäden ihres Gehirns mithilfe ihrer kognitiven Reserven ausgleichen konnten. Und diese werden unter anderem durch Lesen, soziale Kontakte, aber auch durch das Lernen bzw. Beherrschen mehrerer Sprachen gestärkt.
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