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Warum Kartoffeln geschält oder gepellt werden sollten

Montag, 27. August 2018 – Autor:
Experten raten zur Umsicht bei der Zubereitung von Kartoffeln: Sie enthalten Steroide Glycoalkaloide, die für den Menschen giftig sind. Daher gilt: Kartoffeln schälen oder pellen, grüne Stellen und Keime wegschneiden.
kartoffeln, erdäpfel

Kartoffeln enthalten für den Menschen giftige Steroide Glycoalkaloide (SGA) – Foto: ©fotofabrika - stock.adobe.com

Zur Umsicht bei der Lagerung und Zubereitung mit Kartoffeln rät das Max-Rubner-Institut, das Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel. Besonders im Bereich der Schale enthält die Kartoffel Bitterstoffe (Steroide Glycoalkaloide/SGA), die die Pflanze als natürlicher Schutzschirm vor Fraßfeinden und Mikroorganismen schützen, aber für den Menschen giftig sind.

Als wichtigste Vertreter dieser Glycoalkaloide kommen in der Kartoffel das α-Solanin und das α-Chaconin vor. In der ungeschälten Kartoffel kann es Konzentrationen von bis zu 200 mg SGA/kg geben. Die spezifische Toxizität der Glycoalkaloide ist beim Menschen vergleichsweise hoch und beginnt bei circa 1 mg SGA je kg Körpergewicht.

Kartoffeln stets schälen oder pellen - besonders bei Babys

Eine akute Toxizität kann sich zunächst in Form von Magen-Darm-Beschwerden und später in neurologischen Auffälligkeiten bemerkbar macht. Eine Dosis von 3 - 6 mg/kg Körpergewicht kann bereits tödlich sein. Ernsthafte Vergiftungen sind heutzutage zwar selten, doch wird davon ausgegangen, dass leichte Vergiftungen öfters auftreten.

Da sie innerhalb von zwei bis vier Stunden wieder abklingen, werden die Vergiftungen in vielen Fällen gar nicht diagnostiziert beziehungsweise nur selten mit Kartoffeln in Verbindung gebracht. Insbesondere bei Babys rät das MRI zur Vorsicht, ihnen sollten nur geschälte oder gepellte Kartoffeln angeboten werden.

Rechenbeispiel für den SGA-Gehalt

Rechenbeispiele für den SGA-Gehalt: Wer 200 Gramm ungeschälte Kartoffeln zu sich nimmt, kommt auf eine SGA-Aufnahme von 40 mg. Bei einem Baby (10 kg Körpergewicht) wären das 4 mg SGA pro kg Körpergewicht, was eine starke Vergiftung hervorrufen würde. Bei einem Menschen mit 60 kg Körpergewicht wären das 1,5 mg SGA pro kg Körpergewicht, was zu einer Vergiftung führen kann aber nicht muss.

Bei 200 Gramm geschälten Kartoffeln kommt man auf einen SGA-Gehalt von höchstens 10 mg, wenn nicht noch weniger. Ein Baby mit 10 kg Körpergewicht käme dann auf 1 mg SGA pro kg Körpergewicht und wäre damit am Rande einer Vergiftung. Ein Mensch mit 60 kg Körpergewicht kommt in dem Fall auf 0,17 mg SGA pro kg Körpergewicht, was unproblematisch ist. Das gilt auch für eine Verzehrmenge von 500 Gramm geschälten Kartoffeln (Aufnahme 25 mg/0,42 mg SGA/kg Körpergewicht).

Auch in der Knolle kann der SGA-Gehalt erhöht sein

Mit dem Schälen oder Pellen der Kartoffel kann Gehalt an giftigen SGA um bis zu 90 Prozent gesenkt werden. Aber auch in der Knolle kann es zu erhöhten Konzentrationen kommen - und zwar nach Stressphasen. Ursache hierfür können Beschädigungen, extreme Temperaturen oder Lichteinwirkung sein.

Ein Beispiel dafür ist die schwedische Sorte Magnum Bonum, die nach feuchter und kühler Witterung kurz vor der Ernte mit extrem hohen Glycoalkaloidgehalten reagiert hat, wobei die Knollen äußerlich einwandfrei waren. Es gab zahlreiche Vergiftungsfälle, so dass die Sorte vom Markt genommen wurde.

Grüne Stellen wegschneiden, Kochwasser wegschütten

Kommt es zu Lichteinfall, können die Knollen ergrünen. Parallel dazu reichern sich in den allermeisten Fällen auch die Glycoalkaloide an. In jedem Fall ist die Regel richtig, wonach ergrünte Stellen weggeschnitten werden sollten. Die Bitterstoffe werden weder durch Hitze zerstört noch von menschlichen Verdauungsenzymen abgebaut. Jedoch lösen sie sich teilweise beim Kochen und gehen ins Kochwasser über. Das Kochwasser bei Pellkartoffeln sollte darum nicht verwendet werden.

Untersuchungen des Max Rubner-Institutes konnten zeigen, dass sich die SGA in den allermeisten Kartoffelgerichten nachweisen lassen, da sie erst bei Zubereitungstemperaturen von deutlich über 170 °C zerstört werden. Dabei gibt es große Sortenunterschiede. In einem Versuch waren die Frühjahrswerte teilweise niedriger als Werte direkt nach der Ernte. Entsprechendes traf für einen Belichtungsversuch zu, der bei einigen Proben sogar zu niedrigeren SGA-Konzentrationen als in der nicht belichteten Kontrollprobe führte. Diesbezüglich wird noch geforscht.

Hinweise zum richtigen Lagern von rohen Kartoffeln

Rohe Kartoffeln können nicht eingefroren werden. Nach dem Auftauen wären sie weich und schwammig. Gelagert werden sollten Kartoffeln dunkel und kühl, um Qualitätsverluste wie grüne Stellen zu vermeiden. Eine kurzzeitige Lagerung im Kühlschrank ist möglich. Die optimale Lagerungstemperatur liegt bei circa 4°C. Nach längerer Lagerung schmecken diese Kartoffeln mitunter jedoch leicht süßlich.

Bei denen im Durchschnitts-Haushalt üblichen höheren Lagertemperaturen bilden sich auf jeden Fall Keime aus, Dunkelkeime (lange, dünne, weiße Keime) oder Lichtkeime (kurze, dicke Keime mit grünlich-rötlicher Färbung). Gleichzeitig verliert die Knolle ihre Festigkeit und verlagert viele wertvolle Inhaltsstoffe in die Keime. In den Keimen lassen sich Glycoalkaloide in sehr hoher Konzentration nachweisen. Sie sollten weggeschnitten werden.

Kartoffeln sind wertvoller Bestandteil der Ernährung

Speisekartoffeln sind ein wertvoller Bestandteil unserer Ernährung, da sie zahlreiche Vitamine (C, B1, B2, Niacin), Mineralstoffe (Kalium, Magnesium, Eisen) in beträchtlichen Mengen sowie biologisch hochwertiges Protein enthalten. Auch zur Ballaststoffzufuhr können Kartoffeln einen beträchtlichen Beitrag leisten.

Sie sind zudem energiearm und haben einen geringen Fettgehalt. Kartoffeln enthalten verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe, wie Carotinoide, Polyphenole und Phytinsäure. Einige von ihnen übernehmen Schutzfunktionen vor Erkrankungen, andere beeinflussen unterschiedliche Stoffwechselreaktionen.

Sekundäre Pflanzenstoffe sind hitzeempfindlich

In Abhängigkeit von der Zubereitungsform können einzelne sekundäre Pflanzenstoffe allerdings auch inaktiviert werden. Die Zubereitungsart bestimmt maßgeblich, wie gut die wasserlöslichen und hitzeempfindlichen Nährstoffe erhalten bleiben. Die Verluste können je nach Garmethode zwischen 20 und 80 Prozent betragen.

Eine Pellkartoffel-Zubereitung minimiert die Auswaschungverluste, während eine kurzzeitige Erwärmung in der Mikrowelle insbesondere die Hitzeschäden verringert. Auch das Dünsten stellt ein schonendes Garverfahren dar, während das Druckgaren zu hohen Verlusten führt. Längeres Warmhalten sollte vermieden werden (Vitaminverluste).

Regeln für den Umgang mit rohen Kartoffen

  • Zu weiche Konsistenz: Frostschaden, falsch gelagert, minderwertig
  • geschrumpfte Schale: falsch gelagert, minderwertig
  • Geruch: bakterielle oder pilzliche Erkrankung, Knollen aussortieren
  • austretetende Flüssigkeit: bakterielle oder pilzliche Erkrankung, Knollen aussortieren
  • Hohlherzigkeit: Wachstumsstörung, vorzugsweise bei sehr großen Knollen
  • Verfärbung direkt unterhalb der Schale: Schwarzfleckigkeit durch mechanische Belastung
  • Braunverfärbung der Knolle: Pilzerkrankung, aussortieren
  • rostbraune Flecken: Eisenfleckigkeit (Viruserkrankung), aussortieren
  • Glasigkeit: physiologische Störung, aussortieren
  • grüne Stellen: Lichteinwirkung, wegschneiden
  • schwere Beschädigungen: mechanisches Einwirken oder Schädlinge
  • korkartige Flecken auf der Schale: Oberflächenschorf (bakterielle Erkrankung), schälen
  • Schale löst sich ab: nicht genügend abgereift aber verzehrsfähig
  • Verwachsungen: verzehrsfähig

Regeln für den Umgang mit gegarten Kartoffeln

  • Grauverfärbung: Kochdunklung, sofort verzehren
  • Grüne Stellen trotz Schälen: aussortieren
  • Muffiger Geruch: aussortieren
  • Härte: physiologische Störung, verzehrsfähig aber minderwertig

Foto: fotofabrika/fotolia.com

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