Warum insektenbasierte Nahrung gesund und nachhaltig ist

Insekten auf dem Teller: In Asien oder Australien alltäglich, in westlichen Ländern unvorstellbar – bisher zumindest. – Foto: AdobeStock/Foto66
Heuschrecken, Mehlwürmer und andere Insekten sind in bestimmten Teilen der Welt echte Delikatessen und regulärer Teil der täglichen Ernährung. In westlich geprägten Kulturen gibt es Lebensmittel auf Basis von Insekten-„Fleisch“ höchstens auf Speisekarten exotischer Restaurants. „Ein Salat mit Insektentopping in einer gutbürgerlichen deutschen Gaststätte? Unvorstellbar – bisher zumindest“, heißt es in einer Mitteilung der Wilhelm-Büchner-Hochschule (WBH), die jetzt Nährwert und Nachhaltigkeit von insektenbasierter Ernährung erforscht hat.
„Entomophagie“: Die Wissenschaft von Insekten als Lebens- und Futtermittel
Eine Fallstudie unter dem Dach von Wilhelm-Büchner-Hochschule (WBH) und dem Europäischen Institut für Arbeitsbeziehungen (EIAB) hat sich jetzt mit Sinn und Perspektiven insektenbasierter Nahrungsmittel auch in Europa beschäftigt. Das wissenschaftliche Fachgebiet dafür heißt „Entomophagie“: Es befasst sich sowohl mit dem Verzehr von Insekten durch den Menschen als auch deren Nutzung als Futtermittel. Entomophagie gilt als bedeutender Baustein für die Umsetzung nachhaltiger Ernährungsformen und wird unter anderem von der Welternährungsorganisation WHO als zentrales Forschungs- und Handlungsfeld der Zukunft hervorgehoben.
Nährwert insektenbasierter Lebensmittel
„Insekten sind reich an Proteinen, Vitaminen, Mineralien, Ballaststoffen sowie ungesättigten Fettsäuren und stellen damit einen guten Nährstofflieferanten dar“, heißt es in einer Mitteilung der Wilhelm-Büchner-Hochschule in Darmstadt. „Im Vergleich zur herkömmlichen Lebensmittelproduktion wird bei der Entomophagie deutlich weniger CO2 freigesetzt, der Wasserverbrauch ist geringer und Ackerflächen werden eingespart.“ Und weil Insekten auch Lebensmittelabfälle und Reststoffe zu hochwertigen Nährstoffen verwerten, tragen sie demnach auch zu einer Kreislaufwirtschaft und der Vermeidung von Lebensmittelverschwendung bei.
Quellen für hochwertige Proteine als Alternative zu Fleisch
In einer im Frühjahr 2021 veröffentlichten Studie mehrerer Fraunhofer-Institute wurden Insekten (und insbesondere Mehlwürmer) als eine nachhaltige Proteinquelle identifiziert und damit als Alternative zu Fleisch aus konventioneller Produktion. Diese gilt aufgrund ihres Verbrauchs von Wasser, Düngemitteln, Pestiziden und Antibiotika als problematisch. Insekten gehören demnach zu jenen nachwachsende Proteinquellen, die ein für die menschliche Ernährung hochwertiges Aminosäureprofil enthalten – und dabei gleichzeitig gute Anwendungseigenschaften, wodurch sie für die Lebensmittelindustrie sehr attraktiv sind. Weitere nachhaltige Eiweißquellen sind demnach
- Pflanzen (Kartoffeln, Weizengras, Luzerne)
- fadenförmige Pilze (z. B. Ständerpilze wie Seitling oder Shiitake) und
- Mikroalgen.
Insektenproduktion: „Vorteilhaft für Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft“
Die Produktion bringt laut WBH entsprechend deutliche Vorteile für Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft mit sich. Allerdings sind den Forschern zufolge die Produktionskosten noch hoch – und fundierte Daten zur optimalen Aufzucht von Insekten sind Mangelware. Im Rahmen des aktuellen Forschungsprojekts arbeitete Projektteam an dem Ziel, ein Sensor- und Monitoring-System zu entwickeln, das die Insektenzucht optimiert und vereinfacht. Dank der entwickelten Technik, die auf Bilderkennung und künstlicher Intelligenz beruht, soll es auch kleineren Start-up-Unternehmen und privaten Züchtern möglich sein, kostengünstig Insektenzucht zu betreiben.
EU: Erste Insekten als Lebensmittel zugelassen
In Europa ist ein erster Schritt in Richtung insektenbasierte Ernährung mittlerweile getan: Die Europäische Union hat den gelben Mehlwurm und die europäische Wanderheuschrecke im Jahr 2021 sowie die Hausgrille Anfang 2022 als neuartige Lebensmittel zugelassen.