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Warum fermentierte Lebensmittel so gesund sind

Donnerstag, 26. September 2019 – Autor: Anne Volkmann
Milchsäurebakterien sind gut für die Gesundheit. Besonders viele davon kommen in fermentierten Lebensmitteln vor. Forscher haben nun untersucht, wie Bakterien, die in fermentierten Speisen vorhanden sind, mit unserem Immunsystem interagieren.
Fermentierung

Fermentierte Speisen wie Sauerkraut gelten als besonders gesund – Foto: ©Electrography - stock.adobe.com

Die Darmflora gerät immer stärker in den Fokus der Gesundheitsforschung. Ein Trend, der auch für die Darmflora gut ist, sind fermentierte Lebensmittel wie Joghurt oder Sauerkraut. Beim Fermentieren handelt es sich um einen natürlichen Gärprozess, der mit Hilfe von Bakterien, Schimmelpilzen oder Hefe vollzogen wird. Diese befinden sich entweder schon in dem Lebensmittel, oder müssen per Hand dazugegeben werden. Das Gesunde an diesen speziell eingelegten Lebensmitteln sind die Milchsäurebakterien. Diese halten nicht nur den Darm fit, sie unterstützen auch die Verdauung und stärken den ganzen Verdauungstrakt. Dies ist wiederum wichtig, damit der Stoffwechsel reibungslos abläuft und alle für den Körper wichtigen Nährstoffe aufgenommen werden können.

Fermentierte Speisen wirken auf das Immunsystem

Warum das so ist, war bislang jedoch weitgehend unerforscht. Wissenschaftler der Universität Leipzig haben nun herausgefunden, dass Bakterien aus fermentierter Ernährung direkt mit dem Immunsystem interagieren. Der Mensch und auch Menschenaffen besitzen demnach als einzige Säugetiere sogar einen eigenen Rezeptor für Milchsäurebakterien. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler aktuell im Forschungsmagazin „Plos Genetics“ veröffentlicht.

Wichtiger Rezeptor entdeckt

Milchsäurebakterien werden entweder mit fermentierter Nahrung aufgenommen (beispielsweise in Joghurt oder Sauerkraut) oder besiedeln dauerhaft den Darm. Die Leipziger Wissenschaftler belegen nun erstmals die molekularen Mechanismen, wie Milchsäurebakterien mit unserem Körper interagieren.

Zunächst untersuchten die Forscher Proteine auf der Oberfläche von Zellen, die sogenannten Hydroxycarboxylsäure (HCA)-Rezeptoren. Die meisten Säugetiere haben zwei Arten von diesem Rezeptor, nur bei Menschen und Menschenaffen gibt es einen dritten, den HCA3. „Wir haben evolutionäre, pharmakologische, immunologische und analytische Methoden kombiniert und untersucht, warum dieser Rezeptor uns während der Evolution erhalten geblieben ist“, so Studienleiterin Dr. Claudia Stäubert vom Rudolf-Schönheimer-Institut für Biochemie der Medizinischen Fakultät.

Die Erklärung der Forscher: Unsere menschlichen Vorfahren lebten zu einer Zeit großer Veränderungen auf der Erde, die auch ihren Lebensraum und damit das Nahrungsangebot beeinflussten. Diese führten zu einem neuen Lebensstil, der dadurch gekennzeichnet war, dass weniger frisches Obst verfügbar war und mehr herabgefallene fermentierte Früchte aufgenommen werden mussten. In diesem Szenario stellte der Rezeptor HCA3 möglicherweise einen entscheidenden Vorteil dar. „Wir haben im Zuge dieser Studie entdeckt, dass eine Substanz, die in hohen Konzentrationen in fermentierter Nahrung wie Sauerkraut vorkommt, den Rezeptor HCA3 aktiviert und so die Funktion des menschlichen Immunsystems beeinflusst“, so Stäubert.

Fermentierte Nahrungsmittel fördern die Gesundheit

Die Wissenschaftler um Stäubert belegen mit ihrer Studie, dass nach dem Genuss von Sauerkraut Konzentrationen einer Substanz namens D-Phenylmilchsäure im Blut nachgewiesen werden können, die ausreichen, um den Rezeptor HCA3 zu stimulieren. „Unsere evolutionären und funktionellen Analysen stützen die Hypothese, dass dieser Rezeptor in Menschen und großen Menschenaffen während der Evolution als neues Signalsystem erhalten geblieben ist, um Funktionen des Immunsystems anzusprechen“, resümiert Stäubert.

Die neu entdeckte Substanz D-Phenylmilchsäure teilt Immunsystem und Fettzellen über den Rezeptor mit, dass zum einen Fremdstoffe und zum anderen Energie in den Körper gelangt sind. „Unzählige Studien zeigen positive Effekte auf, die durch Milchsäurebakterien und fermentierte Nahrungsmittel vermittelt werden. Wir sind überzeugt davon, dass der HCA3 für einige dieser Effekte verantwortlich sein muss.“ sagt Stäubert.

Beispiele für fermentierte Lebensmittel

Diese fermentierten Lebensmittel können die Darmflora stärken:

  • Kombucha: Der fermentierte Tee wird aus grünem oder schwarzem Tee und Zucker hergestellt, welche mit einem speziellen Pilz versetzt werden.
  • Joghurt: Das probiotische Lebensmittel wird aus verdickter Milch hergestellt, die mit Milchsäurebakterien versetzt wird.
  • Tempeh hat fermentierte Sojabohnen zu Grundlage, die in Rollen oder Blöcke gepresst werden. Die Pilze, die beim Fermentieren der Bohnen zum Einsatz kommen, machen diese besonders leicht verdaulich. Tempeh gilt als wertvolle pflanzliche Proteinquelle.
  • Sauerkraut: Um aus Weißkohl Sauerkraft herzustellen, wird dieser kleingeschnitten, gesalzen und luftdicht verpackt. Durch die Milchsäurebakterien wird ein Gärprozess in Gang gesetzt, der einige Wochen dauern kann.
  • Kefir: Für Kefir wird Kuhmilch mit Kulturen aus dem Kefirpilz versetzt. Das Getränk enthält Kohlensäure, die beim Gärprozess entsteht.
  • Miso: Ähnlich wie Tempeh wird Miso aus Sojabohnen hergestellt, die zu einer Paste verarbeitet werden.
  • Kimchi: Kimchi wird aus Chinakohl hergestellt, der zusammen mit Knoblauch, Ingwer und anderen Gemüsearten fermentiert wird. 

Foto: © Electrography - Fotolia.com

Hauptkategorie: Prävention und Reha
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