Warum Diäten nichts bringen
Die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper lässt viele Menschen auf Diäten zurückgreifen. Doch die verschiedensten Konzepte und Produkte, die das Abnehmen unterstützen sollten, bringen meist nur den Vertreibern viel Geld, führen bei den Betroffenen aber oft nicht dauerhaft zum gewünschten Erfolg. Und obwohl Zeitschriften und das Internet voll von Diätratgebern sind, gelten in Deutschland etwa 64 Prozent der Männer und 49 Prozent der Frauen als übergewichtig – mit steigender Tendenz. Ganz offenbar stimmt also etwas ganz Grundsätzliches bei unserem Verhältnis zum Essen nicht, und das lässt sich auch durch Diäten nicht ändern.
Studien konnten zeigen, dass viele Diäten zwar tatsächlich dazu führen, dass die Menschen in den ersten Monaten fünf bis zehn Prozent des Körpergewichts verlieren. Doch fast immer kommen die Pfunde am Ende der Diät wieder. So hat die amerikanische Gesundheitspsychologin Traci Mann in einer Analyse von 31 Langzeitstudien herausgefunden, dass nur etwa zwei bis vier Prozent der Übergewichtigen, die mittels einer Diät abgenommen hatten, auch langfristig ihr Gewicht halten konnten. Sie zeigte auch, dass mindestens ein Drittel der Teilnehmer eines Abspeckprogramms im Anschluss mehr wogen als vor der Abnehmprozedur. Aber warum ist das so?
Stress verhindert erfolgreiches Abnehmen
Ein Grund für den häufigen Misserfolg von Diäten ist Stress: Abnehmen stresst nicht nur Herz und Hirn, sondern bringt auch den gesamten Körper aus dem Gleichgewicht. Viele Menschen merken das daran, dass sie während einer Diät anfälliger sind für Erkältungen, schlechter schlafen und häufig unentspannt sind. Und: Stress wirkt sich auf das Hungergefühl aus. Studien zeigen, dass wir unter Stress unser Essverhalten noch schlechter kontrollieren können also sonst. Diäten führen also zwangsläufig in eine Zwickmühle.
Ein weiteres Hindernis auf dem Weg zum dauerhaften Gewichtsverlust ist unsere Hirnstruktur. Wir leben mit einem ständigen Überangebot von kalorienreichen Nahrungsmitteln, die unser natürliches Belohnungssystem ansprechen. Und je impulsiver wir sind, desto größere Probleme haben wir, diesem zu widerstehen. Wenn wir dann Hunger haben und etwas Leckeres sehen oder riechen, ist oft kein Halten mehr. Wir wollen die Pizza, die Lasagne, die Schokolade unbedingt haben – jetzt und sofort.
Impulsive Menschen haben größere Probleme beim Gewichtsverlust
Dass Impulsivität beim Scheitern von Diäten ein wichtiger Faktor ist, betont auch Anja Hilbert, Professorin für Verhaltensmedizin im Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB) Adipositas-Erkrankungen der Universität Leipzig. Anlässlich des Internationalen Anti-Diät-Tages am 6. Mai erklärt sie: „Häufig spielt auch eine generell höhere Impulsivität der Menschen eine große Rolle, die zu enthemmtem Essen führt.“ Und offenbar ist auch der sozioökonomische Status von Menschen dabei mit entscheidend. So können Hilbert zufolge Personen mit niedrigerem sozialen Status Belohnungen oft schlechter aufschieben.
Ein weiteres Problem: Diäten verändern den Stoffwechsel. Auch das macht dauerhaftes Abnehmen schwer. Laut einer Studie, in der die Entwicklung der Teilnehmer der US-Serie „Biggest Loser“ untersucht wurde, war der Grundumsatz der Teilnehmer nach der radikalen Diät um 500 Kilokalorien niedriger als zu Beginn. Zudem schüttet der Körper aufgrund des ständigen Hungergefühls vermehrt Hormone aus, die den Appetit erhöhen. Selbst wenn wir gefühlt wieder normal essen, sendet das Gehirn immer noch Hunger-Signale aus. Wir essen dadurch mehr als vorher, doch der Körper verbraucht weniger. Und nicht nur das: Der Stoffwechsel kann noch Jahre nach der Diät aus dem Gleichgewicht sein. Und wenn wir dann bemerken, wie schnell wir wieder zunehmen, ändert sich auch rasant die Gefühlslage: Wir werden unzufrieden, sind gestresst, und der Kreislauf beginnt von vorn.
Erfolgsfaktoren: Geduld, mehr Bewegung und weniger Stress
Kann man also eigentlich gar nichts tun? Ist jeder Versuch, dauerhaft abzunehmen, von vornherein zum Scheitern verurteilt? Gestresst sind wir schließlich alle hin und wieder. Hinzu kommt bei einigen Menschen eine biogenetische Komponente, die das Abnehmen erschwert. Dennoch schaffen es ja offensichtlich immer wieder Menschen, abzunehmen und ihr neues Gewicht zu halten. Wissenschaftler sind sich einig, dass dies nur funktioniert, wenn die Gewichtsreduktion realistisch angegangen wird. Das bedeutet, Schritt für Schritt alte Gewohnheiten abzulegen und ein neues Essverhalten zu etablieren. Auch Bewegung spielt eine entscheidende Rolle, um den Energieverbrauch anzukurbeln.
Ein weiterer wichtiger Baustein auf dem Weg zum neuen Gewicht ist ein anderer Umgang mit Stress. Für einen langfristigen Erfolg müssen die tieferliegenden Ursachen angegangen werden, insbesondere der Umgang mit Emotionen, Impulsivität und Belohnungen – darin sind sich Forscher einig. Ungünstige Verhaltensweisen wie gedankenloses oder an bestimmte Situationen gekoppeltes Essen müssen erkannt und verändert werden. Schulungen, Selbsthilfegruppen und gegebenenfalls psychotherapeutische Unterstützung können dabei helfen.
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