Warnung vor Corona-Selbsttests: Trügerische Ergebnisse möglich
Selbsttests gegen Coronaviren sind oft wenig aussagekräftig. Laien könnten dadurch zu Fehlinterpretationen kommen. Daher sind die Testsysteme eigentlich nur für den Gebrauch durch Fachpersonal vorgesehen. Dennoch interessieren sich immer mehr Privatpersonen für sogenannte Antikörper-Schnelltests, die eine Infektion mit SARS-CoV-2 nachweisen sollen. Die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. warnt nun ausdrücklich davor.
Antikörper meist erst nach 14 Tagen gebildet
Selbsttests auf Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Virus könnten leicht zu Fehlinterpretationen führen, so die ABDA. „Wer den Verdacht hat, an Covid-19 erkrankt zu sein, sollte sich an das zuständige Gesundheitsamt wenden. Ein Antikörper-Schnelltest kann einen laboranalytischen Test nicht ersetzen“, erklärt Martin Schulz, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker.
Doch warum sind Antikörpertests nur bedingt geeignet, eine Infektion zu erkennen? Der Hauptgrund: Der Körper bildet spezifische Antikörper gegen das Virus in der Regel erst nach 14 Tagen. Deshalb kann bei einem Antikörpertest, der negativ ausfällt, nicht davon ausgegangen werden, dass der Patient nicht infektiös ist. Schulz: „Eine Gefahr ist, dass sich Patienten bei einem negativen Testergebnis in falscher Sicherheit wiegen und die Hygienemaßnahmen wie zum Beispiel häufiges Händewaschen oder das Abstandhalten vernachlässigen. Das wäre fatal“, betont Schulz.
Falsch-negative und falsch-positive Ergebnisse möglich
Das Testprinzip der Selbsttests basiert auf der Detektion von IgM- und IgG-Antikörpern, die gegen das SARS-CoV-2-Virus gerichtet sind. IgM-Antikörper werden in der Frühphase einer Infektion gebildet; im späteren Verlauf erfolgt ein Klassenwechsel zu IgG-Antikörpern. Gesicherte Erkenntnisse zu dieser Serokonversion liegen für SARS-CoV-2-Infektionen jedoch noch nicht vor.
Ein weiteres Problem: Die Genauigkeit der derzeit angebotenen Antikörper-Tests, angegeben als Sensitivität und Spezifität, wurde häufig nur auf der Basis von kleinen Probenmengen in einzelnen Laboren ermittelt, die es unabhängig zu verifizieren gilt. Dabei bedeutet eine Sensitivität von z. B. 85 Prozent, dass in 15 von 100 Testungen ein falsch-negatives Ergebnis auftritt, also eine Infektion stattgefunden hat, ohne dass Antikörper detektiert wurden. Bei einer Spezifität von z. B. 95 Prozent sind 5 von 100 Testungen falsch-positiv, obgleich der Mensch nicht mit SARS-CoV-2 infiziert war. Ausgeschlossen werden kann zudem nicht, dass bereits vorhandene Antikörper gegen andere Coronaviren eine Kreuzreaktivität verursachen, also zu einem falsch-positiven Testergebnis führen.
Qualität der Selbsttests oft unklar
Bei Medizinprodukten wie den Antikörper-Schnelltests ist es erlaubt, auf eine unabhängige Überprüfung zu verzichten, wie die Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker (AMK) betont. Die Tests können durch die Hersteller selbst zertifiziert und mit einem CE-Kennzeichen versehen werden. Eine Validierung der Tests gilt daher nicht als gesichert. Zudem wurden Fälschungen bekannt, vor denen auch die WHO jüngst warnte.
Auch das RKI sowie Fachgesellschaften lehnen die alleinige Akutdiagnostik mithilfe dieser „Schnelltests“ ab. Eine breite Testung auf SARS-CoV-2 spezifische Antikörper kann hingegen für epidemiologische Fragestellungen sinnvoll sein, wie der Erfassung der Serokonversionsrate in der Bevölkerung, um den Stand der Immunisierung abzuschätzen.
Sicherer Nachweis nur über RNA des Virus möglich
Als Goldstandard zum Nachweis einer Infektion mit SARS-CoV-2 gelten weiterhin Nukleinsäure-Amplifikations-Techniken (NAT), wie die hoch-sensitive real-time Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR). Im Gegensatz zu den Schnelltestsystemen, wird hier das Erbgut (RNA) des Virus direkt nachgewiesen. Bei einem Verdacht auf eine Infektion sollten daher die amtlich empfohlenen Testverfahren durchgeführt werden.
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