
Studie zeigt: Nach Querdenker-Demos gab es mehr Covid-19-Infektionen – Foto: © adobe Stock/Petra
Zehntausende Menschen waren im November zu den Querdenker-Demos nach Berlin und Leipzig gereist. Masken wurden genauso wenig getragen, wie Abstandsregeln eingehalten. Die Massenveranstaltungen hatten also das Zeug dazu, zu Superspreader-Ereignissen zu werden. Zwar ist eine Aerosol-Übertragung im Freien nicht möglich, Tröpfcheninfektionen aber sehr wohl. Zudem kam ein Großteil der Demonstranten mit speziellen Bussen angereist, wo es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zu Aerosol-Übertragungen kommen kann.
Querdenker Busreisen analysiert
Welche Konsequenzen die beiden Massenveranstaltungen nun tatsächlich hatten, das haben Wissenschaftler des Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung ( ZEW) Mannheim und der Berliner Humboldt-Uni analysiert. Untersucht wurde das Infektionsgeschehen in den Landkreisen, aus denen die Demonstranten zu den Kundgebungen am 7. November 2020 in Leipzig und am 18. November 2020 in Berlin anreisten. Um diese Orte zu bestimmen, nutzen die Autoren der Studie Informationen über das Angebot von Busreisen eines Netzwerks von Busunternehmen, das sich seit Sommer 2020 auf die Beförderung von Demonstranten zu den „Querdenken“-Kundgebungen spezialisiert hat.
Anstieg der Inzidenz um den Faktor 40
Die Auswertung zeigt: Die Sieben-Tages-Inzidenz nach den Demonstrationen stieg deutlich stärker in den Landkreisen an, die Städte mit einer solchen Busverbindung beinhalten, als in Landkreisen ohne solche Busverbindungen. Dies hatte bis Weihnachten einen Anstieg der Sieben-Tage-Inzidenz um 40 in den betroffenen Landkreisen zur Folge.
Bis zu 20.000 Infektionen gehen auf das Konto der beiden Querdenker-Demos
Die Wissenschaftler um Dr. Martin Lange vom ZWE Mannheim schätzen, dass bis Weihnachten zwischen 16.000 und 21.000 Covid-19-Infektionen hätten verhindert werden können, wenn diese beiden großen „Querdenker“-Kundgebungen abgesagt worden wären. Nach diesen Zahlen waren die Demos also tatsächlich Superspreader Events.
Die Analyse von ZEW und Humboldt-Universität quantifiziert somit erstmals den Zielkonflikt zwischen der Einschränkung von Freiheitsrechten und gesundheitspolitischen Maßnahmen zum Infektionsschutz. Das individuelle Verhalten – wenn Personen beispielsweise entgegen der geltenden Regeln keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen oder Abstandsregeln missachten – kann laut ZEW-Analyse große Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit haben. „Eine mobile Minderheit, die sich nicht an geltende Hygieneregeln hält, kann so ein erhebliches Risiko für andere Personen darstellen“, betont ZEW-Wissenschaftler und Koautor der Studie Martin Lange.