Vorleukämie: Studie klärt Umwandlung zur Leukämie auf

Einer Leukämie geht oft eine sogenannte Vorläukämie voraus
Bevor eine Leukämie entsteht, gibt es häufig Vorstufen, sogenannte Vorleukämien. Wie genau allerdings aus einer Vorleukämie eine tatsächliche Leukämie entsteht, blieb lange Zeit unvollständig verstanden. Am Modell der Leukämie im Kindesalter bei Kindern mit Down-Syndrom (Trisomie 21) hat nun eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern die Mechanismen der Transformationen von Vorstufen zur vollständigen ausgeprägten Leukämie in einer großen Funktionsstudie nachgewiesen. Das teilt die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg mit.
Große Kohortenstudie führt zu neuen Erkenntnissen
Die Studie sei seines Wissens nach die bisher umfangreichste und vollständigste genetische Charakterisierung einer Krebsart, erklärt Prof. Dr. Jan-Henning Klusmann, Leiter der Studie und Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Pädiatrie I am Universitätsklinikum Halle: „Es gibt keine Studie, die die Mutationen in einer so großen Kohorte von 218 Patienten bestimmt und anschließend die gefundenen Mutationen auf ihr krebsförderndes Potenzial hin untersucht hat“, erklärt der Experte und fügt hinzu: „Unsere Ergebnisse zeigen aber, dass dies extrem wichtig ist.“
Nach Angaben der Forscher haben frühere Studien gezeigt, dass rund ein Drittel der Kinder mit Down-Syndrom Vorstufen einer Leukämie aufweist, die üblicherweise mit einer erworbenen Mutation des sogenannten GATA1-Gens assoziiert ist. Ein Fünftel dieser Kinder entwickelt eine Myeloische Leukämie und zwar typischerweise dann, wenn zusätzliche Mutationen hinzukommen.
Forschung mittels Genschere CRISPR-Cas9
In der Sequenzierungsstudie wurden nun Patientenproben von Leukämiegruppen aus Großbritannien, Deutschland, Japan und den USA untersucht. Der genetische Datensatz wurde anschließend als Plattform für zielgerichtete, umfassende Funktionsstudien verwendet, um die Bedeutung der identifizierten Varianten zu verstehen. „Wir haben die Mutationen gezielt in Blutzellen eingebracht. Hierfür haben wir unter anderem das CRISPR/Cas9-System, die Genschere, genutzt“, so Klusmann.
Die Ergebnisse zeigten, dass zahlreiche der gefundenen Mutationen – vor allem in der Vorleukämie – überhaupt keinen Effekt auf Stammzellen hatten. Auf der anderen Seite wurden neue Mutationen gefunden, die zum Beispiel einen Zytokinrezeptor betreffen. „Zytokinrezeptoren steuern das Wachstum von Zellen“, erklärt Klusmann.
Hoffnung auf neue Therapiemöglichkeiten
Wie das Forscherteam feststellen konnte, bedingt die Mutation in dem Zytokinrezeptor das unkontrollierte Wachstum von unreifen Zellen. Mit Hilfe des CRISPR-Cas9 Systems beleuchteten die Wissenschaftler zusätzlich das Zusammenspiel von Mutationen in Zytokinrezeptoren oder ihren nachgeschalteten Signalwegen mit Mutationen in Faktoren, die das Genom organisieren. Sie hoffen, dass sich dadurch neue Therapiemöglichkeiten finden lassen. „Die veränderten Zytokinrezeptoren und ihre Signalwege sowie die epigenetischen Faktoren eignen sich als therapeutische Ansatzpunkte. Es stehen Medikamente zur Verfügung oder werden gerade entwickelt, die diese Enzyme gezielt hemmen“, so Klusmann. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachjournal „Cancer Cell“ veröffentlicht.
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