Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Vor OP: Wann Gerinnungshemmer absetzen?

Dienstag, 3. Oktober 2017 – Autor: anvo
Vor einem operativen Eingriff müssen Gerinnungshemmer abgesetzt werden – wie lange, ist jedoch nicht genau geklärt. Eine prospektive Multicenterstudie hat dies nun genauer untersucht.
DOAK vor OP absetzen

Vor einer Operation müssen Antikoagulanzien abgesetzt werden

Vor geplanten Operationen mit erhöhtem Blutungsrisiko müssen direkte orale Antikoagulanzien (DOAKs) zur Gerinnungshemmung abgesetzt werden. Bisher werden dabei für Dabigatran zwei bis sieben und für Apixaban und Rivaroxaban zwei bis fünf Tage Pause vor der OP empfohlen. Doch nach Angaben eines Forscherteams um Anne Godier von der Universität Paris Descartes ist ein Abstand von zwei Tagen nicht ausreichend. In einer prospektiven Multicenterstudie mit dem Titel CORIDA (COncentration of RIvaroxaban, Dabigatran and Apixaban) hat sich bei den meisten Patienten ein zeitlicher Abstand von drei Tagen als ideal herausgestellt. Die Studie wurde kürzlich im European Heart Journal veröffentlicht.

Weniger Erfahrungen mit neuen Antikoagulanzien

Als Antikoagulation bezeichnet man Hemmung der Blutgerinnung durch die Gabe von entsprechenden Medikamenten. Vor einer Operation ist ein Absetzen der Mittel wichtig, um das Blutungsrisiko zu senken. Gleichzeitig ist damit ein erhöhtes thromboembolisches Risiko verbunden. Daher muss das Nutzen-Risiko-Verhältnis gründlich abgewogen werden.

Mit den alten Gerinnungshemmern wie Marcumar oder Thrombozytenaggregationshemmern wie ASS und Clopidogrel haben Ärzte seit Jahrzehnten Erfahrung und wissen, wie lange sie vor und nach Operationen abgesetzt werden müssen. Bei den neuen oralen Thrombozytenaggregationshemmern Prasugrel und Ticagrelor und den Antikoagulanzien Rivaroxaban, Dabigatran und Apixaban (DOAKs) sieht es etwas anders aus. Daher untersuchten die Forscher das Nutzen-Risiko-Profil beim Absetzen der Medikamente.

An der Studie nahmen 422 Patienten, die eine DOAK-Dauertherapie erhielten, teil. 95 Prozent der Probanden wiesen Vorhofflimmern auf und sollten einer Operation unterzogen werden. Bei ihnen wurden die Antikoagulanzien im Durchschnitt 66 Stunden vor dem Eingriff abgesetzt. Als Zielwert vor einer Operation setzten die Forscher eine DOAK-Konzentration von unter 30 ng/ml an. In diesem Zielbereich waren jedoch nur 62 Prozent der Patienten nach einer DOAK-Pause von 25 bis 48 Stunden, aber 95 Prozent derer mit einem Intervall von 49 bis 72 Stunden. Bei einem Abstand 72 Stunden kam es bei 91 Prozent zu einer DOAK-Konzentration unter 30 ng/ml. Ob dieser Wert erreicht wurde, hing aber neben der Zeit auch noch von verschieden Faktoren wie einer Kreatinin-Clearance unter 50 ml/min, einer Antiarrhythmikatherapie sowie einem Wechsel der Medikation vor der OP ab. Perioperative Blutungen traten bei sieben Prozent der Patienten auf.

Forscher empfehlen drei Tag Pause von DOAK-Therapie

Als unabhängige Risikofaktoren für Blutungen erwiesen sich Eingriffe, die grundsätzlich ein hohes Blutungsrisiko mit sich bringen sowie eine thrombozytenhemmende Therapie und eine Kreatinin-Clearance unter 50 ml/min. Einen konkreten Einfluss der DOAK-Konzentration konnten die Forscher in dieser Studie nicht feststellen, was ihren Angaben zufolge zum Teil an den meist niedrigen Werten liegen könnte. Dennoch empfehlen sie, einen zeitlichen Abstand von drei Tagen vor einer OP einzuhalten. „Die wichtigste praktische Implikation ist, dass eine letzte DOAK-Einnahme drei Tage vor einem elektiven Eingriff mit hohem Blutungsrisiko bei fast allen Patienten eine minimale perioperative Konzentration sicherstellt, ohne die Notwendigkeit von Labortests“, so die Autoren.

Eine längere Unterbrechung der Gabe von Gerinnungshemmern sollte nach Angaben der Forscher empfohlen werden, wenn Dabigatran-Patienten eine Nierenfunktionseinschränkung aufweisen oder wenn Patienten unter Apixaban oder Rivaroxaban zusätzlich Antiarrhythmika erhalten. Die Ärzte betonen allerdings auch, dass ihre Ergebnisse noch in größeren prospektiven Studien mit klinischen Endpunkten (thrombotische bzw. Blutungskomplikationen) bestätigt werden müssten.

Foto: © Syda Productions - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Thrombose , Gerinnungshemmer , Operation

Weitere Nachrichten zum Thema Gerinnungshemmer

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin