Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Vogelgrippe: Gefahr einer Übertragung auf den Menschen steigt

Mittwoch, 15. Februar 2023 – Autor:
Corona scheint gerade überstanden – schon sehen Virologen die nächste Pandemie am Horizont. Beim Vogelgrippe-Virus steige die Wahrscheinlichkeit, dass es auf den Menschen überspringt. Unser Immunsystem sei auf diesen Fall allerdings schlecht vorbereitet.
Geflügel und Schriftzug "H5N1" für das Vogelgrippe-Virus.

Das Corona-Virus sprang von Tieren auf den Menschen über und erzeugte eine Pandemie. Vergleichbares halten Virologen auch beim Vogelgrippe-Virus H5N1 für denkbar. – Foto: AdobeStock/Vadym

Wie der Name schon sagt: Die Vogelgrippe ist eine Viruserkrankung bei Vögeln, hervorgerufen durch das Influenza-A-Virus H5N1. Vielleicht muss das „ist“ in diesem Satz bald durch ein „war“ ersetzt werden, denn: Auch wenn die Tierseuche bisher fast ausschließlich bei in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln und bei Wildvögeln aufgetreten ist und eine Übertragung des Virus auf Säugetiere oder gar Menschen bisher nur in Einzelfällen stattgefunden hat: Früher oder später könnte hieraus die nächste Pandemie erwachsen. Nach Ansicht des Münsteraner Virologen Stephan Ludwig steigt die Gefahr einer Übertragung des Vogelgrippevirus H5N1 auf den Menschen immer weiter an.

Mutationsgefahr: „Die Spielwiese für H5N1 ist sehr viel größer geworden“

Die Gefahr, dass das Tiervirus auf den Menschen überspringe, werde „leider gerade größer", sagt Ludwig in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung „Die Zeit“. Die Verbreitung von H5N1 sei „nicht mehr geografisch begrenzt, sondern wirklich global“. Dadurch werde eine Anpassung des Virus wahrscheinlicher. Auch bei Corona habe „die schiere Menge an Viren so rasch zu so vielen Varianten geführt hat. Die Spielwiese für H5N1 ist auf jeden Fall sehr viel größer geworden", sagt Ludwig weiter.

Vogelgrippe: Bisher schlimmste Erkrankungswelle unter Tieren

Stephan Ludwig ist Direktor des Instituts für Virologie an der Universitätsklinik Münster. Gemeinsam mit Martin Groschup (Greifswald) und dem in der Corona-Pandemie zum TV-Star gewordenen Virologen Christian Drosten (Berlin) leitet Ludwig die Nationale Forschungsplattform für Zoonosen. Als „Zoonosen“ bezeichnet die Medizin Infektionskrankheiten, die von Wirbeltieren auf den Menschen übertragen werden können – und umgekehrt. Rund 200 dieser Krankheiten sind derzeit bekannt.

Der erste Ausbruch von Vogelgrippe bei Tieren wurde 1959 in Schottland registriert. Seit 2004 breitet sich das H5N1-Virus langsam international aus. Die britische Fachzeitschrift „New Scientist“ bezeichnete die Vogelgrippe als die schlimmste Erkrankungswelle, die jemals unter Tieren bekannt geworden ist. Für die Verbreitung werden Tiertransporte zwischen Geflügelfarmen, aber auch Vogelzüge verantwortlich gemacht.

Vogelgrippe: Bei rasanter Übertragung „eine Katastrophe“ für den Menschen

Auch wenn Säugetiere für das Virus weniger empfindlich sind – oder zumindest bisher waren: Nach Einschätzung des Virologen Ludwig ist das menschliche Immunsystem auf das Vogelgrippevirus wohl schlecht vorbereitet. „Ein wichtiger Teil der Immunantwort sind die Antikörper gegen die Oberflächenmoleküle, die dem Virus seinen Namen geben: H5 und N1 zum Beispiel. Und H5 unterscheidet sich stark von H1 oder H3, die unser Körper schon von anderen Grippeviren kennt. Sollte sich H5N1 irgendwann einmal so rasend verbreiten können wie Corona, dann gerieten wir in eine Katastrophe."

Übergänge der Vogelgrippe auf Menschen waren bisher sehr selten. Die offizielle Statistik der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beziffert die Zahl der weltweiten Vogelgrippefälle beim Menschen bisher (2003 bis 2022) auf 865. Wenn es passierte, verlief die Krankheit aber häufig tödlich (456). Bisher trat die Vogelgrippe bei Menschen auch nur regional begrenzt auf  – in 20 von derzeit etwa 193 Ländern der Welt, mit einem Schwerpunkt im Südosten Asiens.

Auch bei Vogelgrippe könnten mRNA-Impfstoffe schützen

Einen möglichen Ausweg sieht der Virologe in neuen Impfstrategien. Gegenwärtig werden Impfstoffe gegen neue Grippeviren oft noch in Hühner-Eiern erbrütet, ein zeitraubender Vorgang. mRNA-Impfstoffe könnten – wie in der Corona-Pandemie – deutlich schneller verfügbar sein. „Wir haben jetzt eine Riesenchance, eine neue Strategie zu erproben", sagt Ludwig. „Die mRNA-Firmen haben gut verdient, das macht sie konkurrenzfähig zur etablierten Impfstoffindustrie.“

Hauptkategorie: Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Immunsystem , Infektionskrankheiten , Coronavirus , Vogelgrippe

Weitere Nachrichten zum Thema „Infektionskrankheiten“

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin