Virologe Kekulé hält Pandemie für „politisch“ beendet

Die Intensivstationen leeren sich. Nur eines von vielen Indizien, dass die Pandemie jetzt vorbei ist – Foto: © Adobe Stock/tang90246
Schon zu Jahresbeginn hatten sich die Corona-Infektionszahlen von den Krankenhauseinweisungen und Todesfällen abgekoppelt. Während andere Länder ihren Bürgern ihre Freiheiten zurückgaben, ist Deutschland vorsichtig geblieben. Erst am 20. März sollen die nationalen Corona-Maßnahmen fallen.
Pandemie seit Kriegsausbruch vom Bildschirm verschwunden
Doch während Schüler weiterhin einen ganzen Schultag lang Maske tragen und sich dreimal die Woche testen müssen, ist die bisher omnipräsente Pandemie plötzlich aus den Medien verschwunden. Und zwar am 24. Februar, dem Tag an dem Russland in die Ukraine einmarschierte. Offenbar hat das tragische Ereignis dazu beigetragen, den medialen und politischen Tunnelblick auf das Pandemiegeschehen zu beenden. Aus Sicht des Virologen und Epidemiologen Alexander Kekulé ein überfälliger Schritt. „Nach zwei Jahren Pandemie ist es höchste Zeit, uns wieder mit anderen Problemen zu befassen“, schreibt er in einem Gastbeitrag auf Focus online. „Die Corona-Pandemie ist zu Ende. Zumindest aus politischer Sicht.“
Virologisch kann die Pandemie noch Jahre dauern
Virologisch sei es jedoch so, dass die die Pandemie noch viele Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte andauern könnte, schreibt Kekulé weiter. Denn das Coronavirus sei gekommen, um zu bleiben. So hänge die Frage, wann die Pandemie zu Ende ist, nicht vom Coronavirus, sondern von uns selbst ab, „wann die Gesellschaft beschließt, zum Schutz vor der Krankheit genug getan zu haben.“
Herdenimmunität war Illusion
Ist das jetzt der Fall, obwohl das erklärte Ziel der Herdenimmunität noch nicht erreicht ist? Alexander Kekulé hat schon immer gesagt, dass es mit dem Coronavirus keine Herdenimmunität geben wird. Das unterscheidet ihn vom Top-Virologen Christian Drosten. Der hatte vor zwei Jahren behauptet, eine „Herdenimmunität“ werde die Pandemie beenden – zuvor müssten aber 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung mit dem Virus Erfahrung machen. Und das würde – so Drosten damals in der Sendung Maybritt Illner - bis zu 410.000 unvermeidbare Corona-Tote bedeuten.
Kekulé argumentiert indes, dass bei Coronaviren noch nie eine Herdenimmunität beobachtet wurde. „Insbesondere dann, wenn Coronaviren die Atemwege befallen, baut der Wirt in der Regel keine anhaltende Immunität auf“, sagt er. Darum gebe es auch bei Sars-CoV-2 keine Herdenimmunität.
Christian Drosten hat sich Kekulé zufolge außerdem bei seinen prognostizierten Todeszahlen geirrt. Denn er habe nicht berücksichtigt, dass auch Kontaktreduktionen und Impfungen dazu beitragen, die Reproduktionszahl unter die kritische Marke von R = 1 zu drücken. R=1 bedeutet, dass die Epidemie von selbst im Sande verläuft, weil jeder Infizierte weniger als einen Menschen ansteckt. „Es müssen deshalb viel weniger als zwei Drittel der Bevölkerung mit dem Virus „Erfahrungen“ machen, indem sie sich infizieren. "Die Vorhersage von bis zu 410.000 Toten war deshalb weit übertrieben“, so Kekulé.
Omikron logische Konsequenz der viralen Evolution
Der Virologe sieht auch keinen Anhaltspunkt, dass es noch zu so einem Horrorszenario kommen könnte. Wie auch sein Kollege Klaus Stöhr sieht Kekulé in der Omikron-Variante den Anfang vom Ende. Je länger die Pandemie andauere, desto besser passe sich das Virus an den Menschen an. Neue Varianten seien zwar ansteckender, aber die durchschnittliche Krankheitsschwere nehme ab, meint Keukulé und schreibt: „Die leichter verlaufende Omikron-Variante ist also kein Zufall, sondern die logische Konsequenz der viralen Evolution.“