Vierwochenfrist löst keine Probleme
Die Koalitionsgespräche laufen dieser Tage auf Hochtouren. Nun hat die Koalitionsarbeitsgruppe Gesundheit die Gemüter erhitzt. Ende letzter Woche hatten die beiden gesundheitspolitischen Unterhändler der künftigen Großen Koalition, Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach (SPD), vorgeschlagen, dass Patienten, die länger als vier Wochen auf einen Facharzttermin warten müssen, künftig die Behandlung in einem Krankenhaus ermöglicht werden soll. Die Behandlungskosten seien von den Kassenärztlichen Vereinigungen zu tragen. Hintergrund ist die Tatsache, dass Kassenpatienten mitunter oft wochenlang auf einen Facharzttermin warten müssen.
Der Vorsitzende des Hartmannbundes Dr. Klaus Reinhardt bezeichnete den Vorschlag wörtlich als "bloße Luftakrobatik". „Es ist doch wirkungslose Politik für die Kulisse, hier zwei Akteure in den Wettbewerb zu schicken, die jeder für sich bereits jetzt im Kern unterfinanziert und – auch personell – am Rande ihrer Leistungsfähigkeit sind“, sagte Reinhardt. „Wie sollen Krankenhäuser, die ihren Betrieb vielfach nur noch durch Honorarärzte und ausländische Kolleginnen und Kollegen aufrechterhalten können, die ambulante Facharztversorgung entlasten?" Zudem würden dadurch neue Bürokratien geschaffen, denn wer etwa soll überprüfen, ob und wie viele Fachärzte überhaupt angefragt wurden?
Personalmangel herrscht doch überall
Auch der Präsident der Bundesärztekammer Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, hat die Pläne von Union und SPD zur Vierwochenfrist für die Terminvergabe bei Fachärzten kritisiert: „Fast 6.000 Arzt-Stellen sind in den Krankenhäusern heute nicht besetzt, wir haben einen großen Pflegemangel im Krankenhaus. Und da soll jetzt noch zusätzliche Arbeit hineinkommen“, so Montgomery. Man müsse die Frage diskutieren, warum es lange Wartezeiten gebe und die Ursachen für überfüllte Praxen bekämpfen.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung äußerte sich ähnlich. „Wenn man die Fachärzte und die Kassenärztlichen Vereinigungen in die Pflicht nimmt, dann müssen auch Lösungen gefunden werden, wie man die heute schon häufig überlasteten Praxen entlasten kann“, so Dr. Andreas Köhler, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Beide Verbände verwiesen auf Analysen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, wonach das Problem vermeidlich überlanger Wartezeiten in den Praxen geringer sei als es von manchen gemacht werde. Befragungen hatten gezeigt, dass rund 80 Prozent der rund 6.000 befragten Versicherten keine Probleme mit der Wartezeit hatten und Termine entweder sofort oder deutlich unterhalb von vier Wochen bekommen haben.
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