Viele Waldpilze weiter radioaktiv belastet

Der Trompetenpfifferling – auch Herbstpfifferling – gilt als guter Speisepilz und kommt überwiegend in Fichten- und Tannenwäldern vor. Er gehört aber zu den zwölf Sorten von Waldpilzen, die laut Bundesamt für Strahlenschutz besonders stark mit radioaktivem Cäsium-137 belastet sind. – Foto: Wikimedia.org/Ripa
„Pilze, die in den Handel gebracht werden, dürfen höchstens 600 Becquerel pro Kilogramm Frischmasse aufweisen“, sagt die Präsidentin des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS), Inge Paulini. Wenn man aber selbst Pilze für den Eigengebrauch sammelt, greift dieser Grenzwert nicht: Denn niemand untersucht seine Pilze daraufhin, ob oder wie sehr sie mit radioaktiven Stoffen belastet sind. Gelegentlich auch höher belastete Pilze zu verzehren, ist zwar nicht verboten – kann aber der Gesundheit schaden. Zum Auftakt der Pilzsaison rät das BfS deshalb Pilzfreunden dazu, sich vorab darüber zu informieren, welche Pilzsorten erfahrungsgemäß besonders belastet sind – und sie im Wald stehen lassen, um eine unnötige Strahlenbelastung zu vermeiden.
Pilze auf Waldböden besonders radioaktiv
Dem aktuellen „Pilzbericht“ des BfS zufolge weisen vor allem in Süddeutschland einige Pilzarten stark erhöhte Mengen an radioaktivem Cäsium (Cäsium-137) auf. „Das radioaktive Cäsium in den Pilzen stammt noch immer aus dem Reaktorunfall in Tschernobyl vor 35 Jahren“, erklärt BfS-Präsidentin Paulini. „Anders als in landwirtschaftlichen Böden ist es in Waldböden in einer Form vorhanden, in der Pflanzen und Pilze es aufnehmen können – und einige Pilzarten sind besonders gut darin.“ Im Waldboden wandert Radiocäsium laut BfS nur langsam in tiefere Schichten. Die unterschiedliche Beschaffenheit von Waldböden und landwirtschaftlich genutzten Böden ist ein wesentlicher Grund dafür, dass Nahrungsmittel aus dem Wald wesentlich höher belastet sein können als Erzeugnisse aus landwirtschaftlicher Produktion.
Belastung hängt von Pilzart und Sammelregion ab
Für den Pilzbericht untersucht das Bundesamt jährlich die Cäsium-137-Belastung von Pilzen an ausgewählten Standorten in Süddeutschland. Für die aktuelle Ausgabe wurden bei 122 Pilzarten an neun Standorten Proben genommen. Wie stark ein Pilz belastet ist, hängt dem BfS zufolge sowohl von der Pilzart als auch vom Standort eines Pilzes ab. Höher belastete Pilze kommen vor allem in Regionen vor, in denen nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl überdurchschnittlich viel Cäsium abgelagert wurde. Vom radioaktiven Fallout (Niederschlag radioaktiver Staubpartikel) war vor allem der Süden Deutschlands betroffen – und hier insbesondere Südbayern und der Bayerische Wald.
Cäsium-Belastung geht langsam zurück
Nach Erkenntnissen des Bundesamts geht die Belastung von Waldpilzen in Deutschland stetig, aber dennoch nur langsam zurück. Vereinzelt treten immer noch Werte von über 4.000 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm Frischmasse auf. Wenn wild wachsende Speisepilze in üblichen Mengen verzehrt werden, ist die zusätzliche Strahlenbelastung nach Einschätzung des BfS „vergleichsweise gering“. Trotzdem rät das Bundesamt: „Wer seine persönliche Belastung verringern möchte, sollte in den höher belasteten Gebieten Deutschlands auf den übermäßigen Genuss gesammelter Pilze und selbst erlegten Wildes verzichten.“
Pilze mit starker radioaktiver Belastung:
Besonders hohe Werte von über 1.000 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm Frischmasse stellte das BfS in den Jahren 2018 bis 2020 bei folgenden zwölf Pilzensorten fest:
- Semmelstoppelpilz
- Rotbrauner Semmelstoppelpilz
- verschiedene Schnecklingsarten
- Gelbstieliger Trompetenpfifferling
- Gemeiner Rotfußröhrling
- Maronenröhrling
- Mohrenkopfmilchling
- Ockertäubling
- Reifpilz
- Seidiger Ritterling
- Violetter Lacktrichterling
- Ziegenlippe
Niedrig belastete und damit verzehrbare Pilzsorten:
Niedrig belastet (unter 5 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm Frischmasse) und aus Sicht des Strahlenschutzes unbedenklich verzehrbar sind der aktuellen Messung des BfS die folgenden Pilze:
- Blutender Waldchampignon
- Mönchskopf
- Riesenporling
- Safran-Riesenschirmling
- Schopftintling
- Zuchtpilze wie Champignons weisen ebenfalls nur geringe Mengen von Cäsium-137 auf.