Die Lebenszufriedenheit älterer Menschen ist erstaunlich hoch. Trotz gesundheitlicher Einschränkungen, Verlusten und Entsagungen ist Glück im Alter verbreiteter, als die meisten Jüngeren glauben. So hat erst kürzlich die Generali-Altersstudi ergeben, dass die Mehrheit der über 65-Jährigen die Frage nach der Zufriedenheit mit ihrem Leben sehr positiv beantwortet. Und eine Befragung von mehr als 1.000 älteren US-Amerikanern, hat ergeben, dass sie nur wenig an ihrem Leben auszusetzen haben. Der Psychiater Dilip V. Jeste, einer der Studienautoren, erklärt dazu: „Selbst die, die mitten in den Abbauprozessen des Alters steckten, berichteten, dass sich ihre Lebensqualität verbessert hat.“
Auch der Deutsche Alterssurvey, der seit 1996 regelmäßig mehrere Tausend Bundesbürger von einem Alter ab 40 Jahren befragt, ergibt eine hohe Zufriedenheit bei der Mehrheit der Befragten. Unzufriedenheit äußern hingegen nur maximal sieben Prozent. Und dieses Ergebnis bleibt erstaunlicherweise über die Generationen hinweg nahezu gleich. So fühlt sich ein 75-Jähriger heute offenbar etwa genauso wohl wie ein 40-Jähriger.
Hohe Anpassungsleistung des Menschen
Warum das so ist, versuchen Forscher seit Jahren zu ergründen. Ein Grund scheint die Anpassungsfähigkeit des Menschen zu sein. So weiß man aufgrund vieler Studien, dass die Zufriedenheit von Menschen nach einem schweren Schicksalsschlag oder auch nach einem glücklichen Ereignis spätestens nach fünf Jahren wieder auf ihr ursprüngliches Level zurückkehrt. Psychologen nennen das Phänomen hedonistische Adaption und vermuten, dass es ein seelischer Schutzmechanismus ist. „Veränderungen beeinflussen die Lebenszufriedenheit oftmals nur kurzfristig“, erklärt auch der Entwicklungspsychologe Denis Gerstorf von der Berliner Humboldt-Universität. Das Glücksgefühl hänge mehr von persönlichen Eigenschaften ab als von äußeren Faktoren.
Hinzu kommt, dass gerade ältere Menschen oft gelernt haben, mit Verlusten umzugehen. Vielen von ihnen gelingt es, ihren Blick stärker auf Fähigkeiten statt auf Einschränkungen zu richten. Auch hat man festgestellt, dass Ältere sich bewusst oder unbewusst hauptsächlich mit Menschen umgeben, die ihrem Wohlbefinden gut tun, und konfliktreiche Kontakte eher abbrechen.
Glück im Alter in den eigenen vier Wänden
Glück im Alter ist aber längst nicht für alle Menschen selbstverständlich. So sind Armut, Einsamkeit oder Krankheit Faktoren, die stark zur Unzufriedenheit beitragen. Längst nicht jeder Deutsche ist also am Ende des Lebens glücklich. Auch die Suizidrate steigt ab dem Rentenalter dramatisch an. Während sich unter den 50- bis 65-Jährigen etwa 20 von 100.000 Personen selbst töten, sind es unter den 70- bis 75-Jährigen bereits fast 30, unter den 75- bis 80 Jährigen 40 und unter den über 90-Jährigen sogar 70 von 100.000 – eine besorgniserregende Zahl.
Vermutlich kommen manche Studien wie der Deutsche Alterssurvey zu einem positiveren Ergebnis, weil hier nur Menschen in Privathaushalten befragt werden. Senioren, die noch in ihren eigenen vier Wänden wohnen, scheinen insgesamt zufriedener zu sein als diejenigen, die in Pflegeheimen wohnen. Studien, die den Schwerpunkt auf sehr alte und stark pflegebedürftige Menschen legen, kommen daher zu weniger positiven Ergebnissen.
Knick im Lebensglück
Eine weitere Einschränkung liegt darin, dass offenbar ungefähr vier Jahre vor dem Tod die Lebenszufriedenheit rapide sinkt. Dies zeigt die Berliner Altersstudie, eine Langzeitbeobachtung, für welche die Daten von über 400 Menschen analysiert wurden, die während des Beobachtungszeitraums von zwölf Jahren verstorben waren. Auch andere Studien bestätigen diese Beobachtung.
Woran das liegt, weiß bisher noch niemand, zumal bei diesem Zusammenhang Ursache und Wirkung schwer zu unterscheiden sind. Und so ist auch weitgehend ungeklärt, ob sich gegen diesen Knick in der Lebenszufriedenheit etwas ausrichten lässt. Es bleiben also noch viele Fragen über das hohe Alter und die spezifischen psychologischen Regulationsmechanismen in dieser Lebensphase offen.
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