Verzögert hoher TV-Konsum die kindliche Entwicklung?

Wenn Kinder viel Zeit alleine vor dem Fernseher verbringen, kann das zu Verzögerungen bei ihrer Entwicklung führen
Wenn kleine Kinder vor dem Bildschirm sitzen anstatt mit Bauklötzen oder anderen Menschen zu spielen, tun sie ihrem Gehirn offenbar nichts Gutes. Das zeigt jedenfalls eine kanadische Studie. Über drei Stunden am Tag schauten dreijährige Kinder, die an der Untersuchung zum Medienkonsum teilnahmen, fern – bei Zweijährigen waren es über zwei Stunden. Wie sich ein derartig hoher TV-Konsum auf die geistige Entwicklung der Kinder auswirkt, wollte das Wissenschaftlerteam um Dr. Sheri Madigan von der Universität in Calgary (Kanada) wissen und analysierte dafür die Daten von rund 2450 Kindern.
Hohe Bildschirmzeit beeinträchtigt kindliche Entwicklung
Die untersuchten Daten entstammten einer prospektiven Schwangerschaftskohorte. Zwei, drei und fünf Jahre nach der Geburt sollten die teilnehmenden Mütter einen Fragebogen zur motorischen, kognitiven und sozialen Entwicklung ihrer Kinder ausfüllen. Dabei gaben sie auch an, wie oft ihr Kind vor dem Fernseher saß oder sich mit elektronischen Bildschirmspielen beschäftigte, aber auch, wie oft es körperlich aktiv war.
Es zeigte sich, dass Kinder, die oft vor dem Bildschirm saßen, im Durchschnitt signifikant schlechtere Werte bei ihrer Entwicklung aufwiesen. Die Werte waren hingegen höher, je öfter die Eltern ihren Kindern vorlasen, je länger die Kinder schliefen und je mehr Zeit diese mit körperlicher Aktivität verbrachten – der Zusammenhang mit der Bildschirmzeit war davon jedoch unabhängig. Da eine hohe Bildschirmzeit in der Studie den Entwicklungsverzögerungen vorausging, vermuten die Wissenschaftler, dass es tatsächlich die hohe Zeit vor dem Bildschirm war, welche die Entwicklung von Kindern beeinträchtigte.
Interaktion mit den Eltern wirkt als Schutzfaktor
Was den Forschern abgesehen von den Durchschnittswerten auffiel, waren deutliche Schwankungen zwischen den einzelnen Kindern. So gab es auch Kinder mit hoher Bildschirmnutzung, die sich besonders gut entwickelten. Die Erklärung der Forscher: Es scheint vor allem das Fehlen jeglicher Interaktionen mit den Eltern sowie die fehlende Bewegung zu sein, welche die Entwicklung der Kinder beeinträchtigten. Denn wenn sich Eltern trotz hoher Bildschirmzeit viel mit den Kindern beschäftigten, z. B. mit ihnen am Bildschirm spielten und dabei mit ihnen agierten, wirkte das offenbar als eine Art Schutzfaktor. Die negativen Effekte konnten dadurch kompensiert werden.
Wenn Kinder hingegen ohne jegliche Interaktion auf Bildschirme starren, fehlt diese Zeit in der Regel für andere Aktionen sowie für körperliche Bewegung. Die motorischen, sprachlichen und sozialen Fähigkeiten können sich dadurch nicht so gut entwickeln, so die Forscher.
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