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Vermeiden statt verschwenden

Samstag, 8. März 2014 – Autor: Cornelia Wanke
Stellen Sie sich vor, Sie gehen zum Arzt – und der gibt Ihnen statt eines Rezepts den Rat mit auf den Weg, besser kein Medikament zu nehmen, sondern einfach abzuwarten und gar nichts zu tun.

Erkältet? Oft hilft da kein Antibiotikum! – Foto: Jochen Tack

In den USA ist das „Abwarten“ und Vermeiden von unnötigen Behandlungen längst gängige Praxis – und auch Kanada startet im April dieses Jahres dazu eine groß angelegte Kampagne bei Ärzten und Patienten. „Choosing wisely“ – also klug Auswählen, lautet das Motto. In den USA starteten Ärzte und Fachgesellschaften im Jahre 2012 die Kampagne – heute sind über 50 Organisationen daran beteiligt. Unter www.choosingwisely.org gibt es Dutzende von Listen, die erklären, was Ärzte besser nicht tun sollten – quasi ein evidenzbasiertes Vermeiden von Behandlungen. 

Schnupfen – oder Husten? Eine Liste zeigt, was besser nicht getan werden sollte

Im Internet lässt sich zum Beispiel nachlesen, was nicht getan werden sollte, wenn Kinder einen Atemwegsinfekt haben: „Wenn Ihr Kind Husten oder eine Schnupfen hat, würden Sie vielleicht erwarten, dass Ihr Arzt Antibiotika verschreibt. Meistens aber benötigen Kinder gar kein Antibiotikum, wenn sie eine Erkältung haben. Tatsächlich können Antibiotika Ihrem Kind in diesem Falle mehr schaden als nutzen. Der Grund: Die meisten Erkältungskrankheiten sind virale Infektionen – und da wirken Antibiotika gar nicht...“ Aufgeklärt werden Eltern dann nicht nur, woran sie erkennen können, wann ein Kind tatsächlich Antibiotika benötigen könnten, sondern auch, dass missbräuchlich verabreichte Antibiotika am Ende zu Antibiotikaresistenzen führen können. Darüber hinaus erhalten sie Empfehlungen, was sie tun könne, um Husten oder Schnupfen zu lindern.

Die große Chance: Ärzte nehmen die Rationalisierung selbst in die Hand

Dutzende von Listen zu unterschiedlichen Erkrankungen haben die Fachgesellschaften mittlerweile in den USA publiziert. Allen gemein ist, dass sie fünf Dinge benennen, die Ärzte und Patienten hinterfragen sollten, bevor sie eine Therapie beginnen. Dahinter stehen wissenschaftlich konsentierte Empfehlungen der jeweiligen Expertengruppen. In Kanada starten jetzt acht Fachgesellschaften damit, solche Listen zu veröffentlichen. „30 Prozent aller Ausgaben in der Medizin werden vergeudet, denn sie bringen Patienten keine Vorteile“, erklärte Dr. Wendy Levinson kürzlich im online-Portal des Canadian Medical Association Journal. Als Arzt solle man sich lieber zweimal überlegen, ob eine Behandlung wirklich notwendig und sinnvoll sei. Die Vorsitzende von Choosing Wisely Canada, Medizin-Professorin an der Universität von Toronto sieht eine große Chance in der aus den USA übernommenen Kampagne: „Sie geht nicht von der Regierung, sondern von den Ärzten aus – und ihr hauptsächliches Ziel liegt ganz klar darin, Patienten zu helfen.“ Denn das sei das erwartete Ergebnis: dass Ärzte sich dafür einsetzen, dass begrenzte Ressourcen sinnvoll eingesetzt werden, die öffentliche Wahrnehmung, dass „mehr nicht gleich besser“ ist – und dass immer weniger unnötige Tests und Behandlungen eingesetzt werden. 

Foto: AOK-Bundesverband

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik

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