
Zehn Tage EKG: Deutlich mehr Fälle von Vorhofflimmern entdeckt und Schlaganfälle verhindert – Foto: Amelie - Fotolia
Etwa jeder zehnte Mensch über 65 leidet an Vorhofflimmern. Da die Erkrankung wenig Symptome macht, wird sie häufig nicht entdeckt. Dabei haben die Patienten ein drei bis fünffach erhöhtes Schlaganfall-Risiko. Denn durch die Rhythmusstörung können sich Blutgerinnsel im Herzen bilden. Wird eines davon ins Gehirn ausgeschwemmt, verstopft es dort die Gefäße und führt zum gefürchteten Hirninfarkt.
Derzeit gehen Ärzte davon aus, dass bei mehr als einem Drittel aller Schlaganfallpatienten die Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern vorliegt. Möglicherweise ist diese Zahl aber noch zu gering geschätzt. Wissenschaftler der Universitätskliniken Göttingen und Mainz konnten jetzt nämlich zeigen, dass bei der üblichen Diagnostik von akuten Schlaganfallpatienten das Vorhofflimmern häufig übersehen wird. Den Beweis erbrachte eine Studie mit fast 400 Schlaganfallpatienten.
Dreimal längeres EKG findet dreimal so häufig Vorhofflimmern
Ein Teil der Patienten wurde mit einem Langzeit-EKG über zehn Tage versorgt, das insgesamt drei Mal durchgeführt und in einem spezialisierten Labor ausgewertet wurde. Ein anderer Teil der Patienten bekam die aktuelle Standarddiagnostik, bei der die Rhythmusaufzeichnung nur für ein bis drei Tage erfolgt. Beim anschließenden Vergleich der Daten wurde in der ersten Gruppe dreimal so häufig Vorhofflimmern entdeckt wie in der zweiten – 13,5 Prozent gegenüber 4,5 Prozent. Die Ergbenisse wurden soeben in der Fachzeitschrift „Lancet Neurology“ publiziert.
„Aus Voruntersuchungen war uns bekannt, dass wir mit einem verlängerten Langzeit-EKG bei jedem achten Schlaganfallpatienten Vorhofflimmern finden können. Das ist wichtig, denn wir haben Medikamente, um bei diesen Patienten das Risiko für einen erneuten Schlaganfall um zirka 70 Prozent zu senken“, sagt der Mainzer Neurologe Privatdozent Dr. Klaus Gröschel.
Ziel ist es, Schlaganfälle zu verhindern
Dies spiegelte sich auch in der aktuellen Studie wieder: Bei den Patienten, die das Langzeit-EKG bekamen, gab es etwa 40 Prozent weniger erneute Schlaganfälle und Schlaganfallvorstufen (transitorisch ischämische Attacken) als im Vergleichsarm.
Fazit: Es lohnt sich Schlaganfallpatienten intensiver auf die Herzrhythmusstörung „Vorhofflimmern“ zu untersuchen, und zwar mit einem Langzeit-EKG über zehn Tage. Ein übliches Langzeit-EKG spürt dagegen das Vorhofflimmern nicht zuverlässig auf, da die Rhythmusstörung oft nur sehr sporadisch auftritt und folglich schwer zu messen ist.
Für das interdisziplinäre Studienteam aus Neurologen und Kardiologen ist die Studie ein Ansporn, eine weitere aufzulegen. Geplant ist eine Untersuchung mit 5.000 Teilnehmern. Dazu Prof. Rolf Wachter von der Klinik für Kardiologie und Pneumologie der Universitätsmedizin Göttingen: „Wir wollen zeigen, dass wir nicht nur mehr Vorhofflimmern finden, sondern auch Schlaganfälle verhindern.“
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