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Verhaltenstherapie wirkt bei Computerspiel- und Internetsucht

Dienstag, 17. September 2019 – Autor:
Ein kurzzeitige Verhaltenstherapie wirkt gegen Computerspiel- und Internetsucht. Das belegt eine Studie. Die speziell auf diese Suchtform zielende Therapie wurde an der Universitätsmedizin Mainz entwickelt.
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Onlinesucht kann therapiert werden - Mainzer Forscher entwickelten eine Kurzzeitbehandlung – Foto: ©Epibrate Images - stock.adobe.com

Forscher der Universitätsmedizin Mainz entwickelten eine Kurzzeit-Verhaltenstherapie für die Computerspiel- und Internetsucht. Die speziell auf diese Suchtform zielende Behandlung dauert 15 Wochen. Ziel ist es, die Ursachen für die Verhaltenssucht zu behandeln und einen selbstverantwortlichen Umgang mit dem Medium Internet zu erreichen.

Dass sie wirkt, belegt jetzt die multizentrische, randomisiert-kontrollierte  STICA-Studie (Short-term Treatment of Internet- and Computer game Addiction), die im Fachmagazin JAMA Psychiatry veröffentlicht wurde.

Denken und Handeln allein auf das Spielen fokussiert

Ein Großteil der Bevölkerung nutzt das Internet täglich für berufliche und/oder private Zwecke. Die dafür verwendete Zeit zu kontrollieren oder einzugrenzen, gelingt jedoch nicht allen - und zunehmend weniger Nutzern. In der Folge können die Betroffenen ein problematisches oder abhängiges Internetnutzungsverhalten entwickeln.

Internetsüchtige sind in ihrem Denken und Handeln allein auf ihren Konsum fokussiert, werden unruhig und aggressiv (Entzugserscheinungen), wenn sie länger nicht spielen können,  sie vernachlässigen berufliche Verpflichtungen und private Interessen, ihre nicht-virtuellen sozialen Kontakte und körperliche Bedürfnisse wie Schlaf, Essen und Hygiene.

Wirksam auch bei Online-Sex- und Social-Media-Sucht

"Ziel der Behandlung ist es, die Persönlichkeit der Patienten zu stärken und sie somit in die Lage zu versetzen, zu kontrollieren, ob und wie lange sie online sind", erklärt Studienkoordinator Dr. Klaus Wölfling, Leiter der Ambulanz für Spielsucht der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz.

Das Behandlungsprogramm ist für eine breite Spanne von Internetsüchten wirksam. Neben der Computerspielsucht sind dies vor allem die Online-Sex-Sucht und die suchtartige Nutzung sozialer Netzwerke. Männer stellen dabei 90 Prozent des Behandlungsklientels dar.

Acht Stunden täglich problematische Internetaktivität

Die insgesamt 149 männlichen Studien-Probanden waren zwischen 17 und 52 Jahre alt und verbrachten zu Beginn der Studie durchschnittlich pro Tag acht Stunden mit der problematischen Internetaktivität und wiesen erhebliche persönliche Einschränkungen und Leidensdruck durch das Suchtverhalten auf.

Die Patienten wurden zufällig der Studiengruppe oder einer Kontrollgruppe zugewiesen. Im Rahmen des viermonatigen Behandlungsprogramms erhielten die Teilnehmer 15 Gruppen- und acht Einzelsitzungen.

Abschwächen oder Löschen alter Verhaltensmuster

Inhalte der Sitzungen waren Psychoedukation, Motivationsaufbau, Stressverarbeitungsstrategien, Löschen beziehungsweise Abschwächen alter Verhaltensmuster sowie verhaltenstherapeutische Techniken zur Rückfallprävention.

Zu Behandlungsende waren 69 Prozent der Behandlungsgruppe, aber nur 24 Prozent der Kontrollgruppe erfolgreich austherapiert, das heißt, sie erfüllten nicht mehr die Suchtkriterien.

Verhaltenstherapie bei Computerspiel- und Internetsucht wirkt

"Wir haben während der Studie gelernt, dass zwei Bausteine der Therapie besonders relevant für deren Erfolg sind: Zum einen die Phase der Abstinenz und zum anderen die Konfrontation, auch Exposition genannt, mit dem Suchtmittel", erläutert Studienkoordinator Wölfling zur Verhaltenstherapie bei Computerspiel- und Internetsucht.

An der Mainzer Studie waren neben Wissenschaftlern der Mainzer Ambulanz für Spielsucht auch Forscher des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim, des Universitätsklinikums Tübingen, des Anton Proksch Instituts in Wien und des Interdisziplinären Zentrums für Klinische Studien der Universitätsmedizin Mainz beteiligt.

Foto: epibrate images/fotolia.com

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