Verdacht auf Behandlungsfehler in mehr als 12.000 Fällen
Mehr als 12.000 Patienten haben sich im vergangenen Jahr mit dem Verdacht auf Behandlungsfehler an ärztliche Gutachterstellen gewandt – das sind mehr als je zuvor. Allerdings wurde von den 7.578 Fällen, in denen es zu einer Gutachterentscheidung kam, nur 2.280 als berechtigt angesehen. Damit wurden in nicht einmal einem Drittel der Fälle wirkliche Behandlungsfehler erkannt.
Die Zahlen für Patientenbeschwerden liegen allerdings weit höher, denn viele Patienten wenden sich nicht an die Gutachterstellen, sondern an die Krankenkassen oder direkt an die Gerichte. Man gehe von rund 40.000 Verdachtsfällen pro Jahr aus, so Andreas Crusius, der Vorsitzende der Ständigen Konferenz der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärzte. Etwa 8.000-mal werde tatsächlich ein Behandlungsfehler nachgewiesen.
Hohe Dunkelziffer für Behandlungsfehler
Crusius betonte aber auch, dass diese Zahl im Vergleich zur Menge der Behandlungen immer noch sehr gering wäre. So gäbe es pro Jahr rund 18 Millionen Klinikbehandlungen und etwa 540 Millionen Behandlungen in ärztlichen Praxen. Die höhere Zahl der Verdachtsäußerungen sei auch nicht auf eine schlechtere Qualität der ärztlichen Arbeit, sondern auf eine gestiegene Sensibilität der Patienten zurückzuführen, so Crusius. Von „Ärztepfusch“ könne also keine Rede sein.
Patientenschutzorganisationen wie das Aktionsbündnis Patientensicherheit hingegen betonen, dass die Dunkelziffer der ärztlichen Behandlungsfehler noch viel höher als die veröffentlichten Zahlen liege, denn Schätzungen zufolge ziehen nur etwa drei Prozent der betroffenen Patienten tatsächlich vor Gericht. Die meisten Patienten wüssten entweder gar nicht um ihre Rechte oder wollen den Stress vermeiden, den eine Gerichtsverhandlung mit sich bringt. Das Bundesgesundheitsministerium geht von bis zu 170.000 Arztfehlern im Jahr aus, manche Schätzungen liegen noch weit höher.
Bei Verdacht den Arzt ansprechen
Überdurchschnittlich häufig wurde der Verdacht auf ärztliche Fehler nach Klinikaufenthalten geäußert, in weniger als 30 Prozent waren auch ambulante Behandlungen betroffen. Am häufigsten fühlten sich Patienten bei Knie- oder Hüftgelenkarthrosen, aber auch bei Knochenbrüchen oder Rückenschmerzen falsch behandelt. Entsprechend werden die meisten Beschwerden über Unfallchirurgen, Orthopäden oder Hausärzte geäußert.
Um bessere Aufklärungsarbeit zu leisten, forderte die Deutsche Stiftung Patientenschutz ein nationales Behandlungsregister. Crusius hingegen sieht die Probleme in der Unterfinanzierung des medizinischen Betriebs sowie in den zu langen Arbeitszeiten der Ärzte, die leicht zu Unkonzentriertheit und Fehlern führen könnten.
Hat ein Patient den Verdacht auf einen Behandlungsfehler, sollte er sich zunächst an seinen behandelnden Arzt oder an die Klinikleitung wenden. Wenn dies nicht weiterführt, kann man die zuständige Krankenkasse, die Gutachterkommissionen der Ärztekammern oder die Schlichtungsstellen ansprechen. Auch das Beratungstelefon der Unabhängigen Patientenberatung sowie der Deutsche Patientenschutzbund bieten Hilfe an.
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