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Vegane Ernährung: Gesund oder ungesund?

Montag, 12. Februar 2018 – Autor: Anne Volkmann
Immer mehr Menschen in Deutschland ernähren sich vegan, und viele fragen sich, wie gesund oder ungesund die Ernährungsweise eigentlich ist. Experten sind der Meinung: Unter Beachtung bestimmter Regeln ist eine vegane Ernährung zumindest nicht schädlich.
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Eine vegane Ernährung kann ausgesprochen vielfältig sein – Foto: travelbook - Fotolia

Schätzungsweise 600.000 Deutsche leben zurzeit vegan, vermutlich mit steigender Tendenz. Gründe für eine vegane Ernährung gibt es viele. Die meisten davon sind ethischer und ökologischer Natur. Veganer wollen nicht nur keine Tiere essen, sondern diesen auch anderes Leid ersparen, da auch die Milch- und Eierwirtschaft in der Regel keine artgerechte Tierhaltung ermöglicht. Zudem ist auch die Milch- und Eierproduktion mit der Tötung von „überflüssigen“ Tieren verbunden (nämlich der von männlichen Küken und Kälbern bzw. zu alt gewordenen Tieren). Zudem würde eine Reduktion der Anzahl von Nutztieren auch der Umwelt gut tun.

Doch nicht alle Argumente für eine vegane Ernährung beziehen sich auf ethische oder Umweltfragen. Viele Menschen entscheiden sich für diese Ernährungsform, weil sie glauben, dass diese gesünder sei. Allerdings ist die Informationslage hierzu bisher noch recht uneinheitlich. Fakt ist: Wer sich vegan ernährt, lebt nicht automatisch gesünder. Es kommt auch hier - wie fast immer - auf das „Wie“ an.

Lebensmittelauswahl ist entscheidend

Die Argumente für oder gegen eine vegane Ernährung werden häufig sehr kämpferisch vorgetragen. So wurde in Italien sogar darüber diskutiert, ob Eltern, die ihre Kinder vegan ernähren, mit Haftstrafen belegt werden sollten. Gleichzeitig setzt sich die Erkenntnis durch, dass Veganer oft gesünder leben; das bestätigen zumindest mehrere Studien. Allerdings hängt die Frage, wie sich eine vegane Ernährung tatsächlich auf die Gesundheit auswirkt, in erster Linie von der Lebensmittelauswahl ab. So kann eine abwechslungsreiche Ernährung aus Gemüse, Hülsenfrüchten, Obst oder Getreideprodukten durchaus gesundheitsfördernd sein.

Experten zufolge beruht allerdings die Tatsache, dass Veganer häufig bessere Gesundheitswerte aufweisen als Fleischesser, unter anderem darauf, dass ihre Art der Lebensführung überdurchschnittlich häufig mit weiteren positiven Faktoren verbunden ist. So rauchen Veganer – ähnlich wie Vegetarier – seltener, konsumieren weniger Alkohol und bewegen sich häufiger. Wer allerdings auch als Veganer ansonsten ungesund lebt und häufig zu Fertigprodukten mit einem hohen Gehalt an Fett, Salz und Zucker greift, lebt nicht unbedingt gesund. Darauf macht auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) aufmerksam. „Die Annahme, bei veganer Ernährung automatisch gesund zu leben, ist falsch“, so Professor Peter Grimm, Geschäftsführer der Sektion Baden-Württemberg der DGE.

Grundsätzlich hält die DGE eine vegane Ernährung jedoch immerhin für unbedenklich – bei ausgewogener Zusammenstellung. In der Schwangerschaft und Stillzeit sowie im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter empfiehlt die Gesellschaft diese Ernährungsform jedoch nicht. Anders die Academy of Nutrition and Dietetics der USA: Sie erklärte jüngst, dass eine gut geplante vegane Ernährung, die Nährstoffpräparate einschließt, für alle Altersgruppen, einschließlich Schwangerschaft und Stillzeit, geeignet sei.

Vitamin B12 muss gesondert zugeführt werden

Geachtet werden muss bei einer veganen Ernährung vor allem auf die Zufuhr von ausreichend Vitamin B12, Eiweiß, Omega-3-Fettsäuren, Eisen und Jod. Wie die DGE auf ihrer Website erklärt, gilt Vitamin B12 als besonders kritischer Nährstoff, da es in einer für den Menschen verfügbaren Form fast nur in tierischen Lebensmitteln vorkommt. Zwar ist es auch in einigen pflanzlichen Lebensmitteln vorhanden, aber aufgrund der unklaren Bioverfügbarkeit sind diese als alleinige Quelle ungeeignet. Für eine ausreichende Versorgung ist laut DGE daher für vegan lebende Menschen die Einnahme eines Vitamin-B12-Präparats notwendig.

Auch auf eine ausreichende Aufnahme von Eiweiß muss geachtet werden. Das gilt insbesondere für die neun essenziellen Aminosäuren, die mit der Nahrung zugeführt werden müssen. Durch die gezielte Kombination von Lebensmitteln und die Ergänzungswirkung einzelner Aminosäuren kann der Proteinbedarf jedoch durch eine vegane Ernährung gedeckt werden.

Auf Eisen und Jod achten

Problematisch kann bei Veganern die Zufuhr von Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) werden, da Fisch als Quelle wegfällt und die Umwandlung der pflanzlichen alpha-Linolensäure zu EPA und DHA im menschlichen Organismus limitiert ist. Eine Quelle für die Fettsäuren stellen Mikroalgenöle bzw. damit angereicherte Lebensmittel dar. Geachtet werden muss auch die Eisenzufuhr, denn der Körper verwertet das Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln schlechter als aus tierischen Lebensmitteln. Verbessert werden kann die Eisenverfügbarkeit durch den gleichzeitigen Verzehr von Lebensmitteln, die reich an Vitamin C oder anderen organischen Säuren sind. Substanzen wie Phytate und Polyphenole, die zum Beispiel in Tee und Kaffee vorkommen, können die Eisenabsorption hingegen vermindern.

Da bei Veganern Meerestiere sowie Milch und Milchprodukte als wichtige Jodquellen wegfallen, kann es für sie auch schwierig sein, eine ausreichende Jodzufuhr zu erreichen. Jodiertes Speisesalz oder mit Meeresalgen versetztes Meersalz mit definiertem Jodgehalt können Abhilfe schaffen. Auch können gelegentlich Meeresalgen mit moderatem Jodgehalt, wie beispielsweise Nori, verzehrt werden. Getrocknete Algenprodukte mit einem Jodgehalt von > 20 mg/kg stuft das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) als gesundheitsschädlich ein und rät vom Verzehr ab. Unter Umständen kann nach Rücksprache mit dem Arzt eine ergänzende Jodzufuhr in Form von Tabletten sinnvoll sein.

Vorsicht bei veganer Ernährung für Kinder

Umstritten ist nach wie vor, wie gesund eine vegetarische und vor allem vegane Ernährung für Kinder ist, denn diese haben andere Bedürfnisse als Erwachsene. So kann bei ihnen eine mangelnde Versorgung mit Vitamin B12, Eisen, Zink und Jod zu Entwicklungsstörungen führen. Zudem können gerade Kleinkinder die ballaststoffreiche Pflanzenkost oft noch nicht so gut verwerten. Mediziner betonen daher, dass eine vegane Ernährung von Kindern nur bei ganz genauer Kenntnis der Nährstoffquellen und auch nur mit gezielter Nährstoffergänzung möglich sei.

Fazit: Bei ausgewogener Ernährung und guter Kenntnis der Lebensmittel sowie unter Zufuhr von Vitami-B12-Präparaten kann eine vegane Ernährung ohne Mangelerscheinungen durchgeführt werden. Ob diese tatsächlich gesundheitliche Vorteile hat und wie groß diese sind, ist hingegen noch unklar. Allerdings mehren sich die Hinweise, dass eine vegane Ernährung Herz-Kreislauf-Erkrankungen und anderen Zivilisationskrankheiten vorbeugen kann. Eindeutig bewiesen ist das jedoch noch nicht.

Foto: © travelbook - Fotolia.com

Hauptkategorien: Prävention und Reha , Medizin
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