Union und SPD einigen sich auf Ausgangssperren ab 22 Uhr

Die Änderungen zum Infektionsschutzgesetz sehen eine Ausgangssperre von 22 bis 5 Uhr morgens vor – Foto: © Adobe Stock/Daniel Ernst
Medienberichten zufolge haben sich die Fraktionen von CDU/CSU und SPD am Montag über die geplanten Änderung des Infektionsschutzgesetzes geeinigt. Demnach sollen die Ausgangsbeschränkungen von 22:00 Uhr bis 5:00 Uhr gelten, Spaziergänge oder Joggen bis Mitternacht möglich sein und das Abholen bestellter Waren erlaubt bleiben. Die Regel soll in Regionen gelten, in denen der Inzidenzwert 100 drei Tage in Folge überschritten wird. Dies ist derzeit in den meisten Regionen der Fall. Der bundesweite 7-Tages-Inzidnez liegt aktuell bei 165.
Die Ausgangssperre fällt damit etwas milder aus als ursprünglich von der Bundeskanzlerin gewünscht. Am Mittwoch wird der Bundestag über den Gesetzesentwurf abstimmen, anschließend der Bundesrat.
Ausgangssperre höchst umstritten
Ausgangssperren sind Teil der Bundes-Notbremse und höchst umstritten. Die FDP etwa hatte mit einer Verfassungsklage gedroht, wenn es dazu kommen sollte. Es handle sich um massive Grundrechtseinschränkungen. „Mit Ausgangssperren wäre es einem geimpften Ehepaar aufgrund eines Corona-Ausbruchs in einem weit entfernten Betrieb nicht mehr möglich, nach 21 Uhr alleine einen Abendspaziergang zu machen“, twitterte FDP-Chef Christian Lindner am Samstag. Dieses Beispiel zeige die verfassungsrechtliche Problematik. Auch Hessens Ministerpräsident Bouffier (CDU) hatte in der vergangenen Woche verfassungsrechtliche Bedenken geäußert.
Die AFD kündigte unterdessen an, sich mit allen Möglichkeiten gegen den neuen Gesetzentwurf zu stemmen. Die Änderung des Infektionsschutzgesetzes ginge mit einem massiven Angriff auf den Föderalismus einher und inakzeptable Grundrechtseingriffe seien immer noch Herzstücke des Gesetzentwurfes, teilte AfD-Vize Bundessprecher Stephan Brandner am Montag mit. Ein solcher "fauler Kompromiss" werde nicht dazu führen, dass die AfD ihre vollständig ablehnende Haltung aufgebe.
Lauterbach kritisiert Notbremse als zu schwach
Der SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach hält dagegen die nun vorgesehene Ausgangssperre für zu schwach. „Mit den Aufweichungen der Kontaktbeschränkungen würden sie etwa 50 Prozent ihrer Wirkung verlieren im Vergleich zu einer Ausgangsbeschränkung ab 20 Uhr“, sagte Lauterbach WELT. „Damit wird die Dauer des Lockdowns verlängert, und es sterben, leider, auch vermeidbare Opfer.“
Der Gesetzesentwurf sieht neben den Ausgangsbeschränkungen Distanzunterricht für Schüler ab einer Inzidenz von 165 vor. Anders als bislang vorgesehen soll der Bundestag künftig verpflichtend zustimmen, wenn der Bund im Rahmen einer Bundesverordnung weitere Maßnahmen verhängen will. Die Notbremsen-Regelung soll außerdem automatisch am 30. Juni außer Kraft treten.