Uniklinik Münster: Bundesweit erstes Zentrum zur gesundheitlichen Versorgung von Trans-Personen

Was bin ich? Mann, Frau – beides? Das Gefühl, dass Körper und Wesen unterschiedlichen Geschlechtern angehören, artikuliert sich oft schon in früher Jugend. – Foto: AdobeStock/Andrii Zastrozhnov
„Ich fühle mich im falschen Körper“ oder „Mein Kind ist unglücklich über sein Geschlecht“: Äußerungen wie diese machen den Leidensdruck von übereinstimmt. Die Gesellschaft wird offener beim Verständnis von Geschlechtervielfalt. Transsexuelle Menschen können leichter offen leben – und eine steigende Zahl von ihnen sucht die medizinische Behandlung zur Unterstützung einer geschlechtlichen Transition. Mit dem „Center für Transgender Health“ (CTH) in Münster bietet diesem Personenkreis erstmals in Deutschland ein universitäres Zentrum eine interdisziplinäre und speziell auf ihn zugeschnittene Versorgung an.
Beratung, Hormonbehandlung, geschlechtsangleichende Operation
Das neue Zentrum am Universitätsklinikum Münster (UKM) begleitet und behandelt Trans-Personen auf dem gesamten Weg ihrer geschlechtlichen Selbstfindung. „Das CTH bietet ein ganzheitliches und lebenslanges Konzept vom Wunsch nach Transition über die psychosoziale Beratung, Hormonbehandlung, Stimmtherapie bis hin zum chirurgischen Eingriff der geschlechtsangleichenden Operation“, sagt Georg Romer, erster Sprecher des neuen Zentrums.
Leiden am angeborenen Geschlecht: Oft schon in früher Jugend
Bei Trans-Personen ist der Bedarf nach einer interdisziplinären Betreuung und Behandlung bei allen unterschiedlichen Etappen ihrer Identitätsfindung offenbar groß. „Im Kindes- und Jugendalter sind Gefühle der Verunsicherung im Hinblick auf die geschlechtliche Identität nicht selten und können auch vorübergehend sein“, sagt Georg Romer, der auch Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und -psychotherapie in Münster ist. „Ist jedoch der Wunsch nach Behandlung einer Geschlechtsdysphorie, also dem Leiden am angeborenen Geschlecht, vorhanden, tritt er oft schon in früher Jugend auf.“
Trans-Personen: Option auf spätere Elternschaft
Es sei wichtig, Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern in dieser frühen Phase psychiatrisch beratend eng und ergebnisoffen zu begleiten, sagt Psychiater Romer weiter. „Erst wenn in unserer Spezialambulanz der finale Entschluss einer Geschlechtstransition geäußert wird, kommen die weiteren Disziplinen des Kompetenzzentrums ins Spiel.“ Im neuen Zentrum in Münster werden Trans-Personen auf Wunsch auch dahingehend beraten, wie eine spätere Elternschaft möglich sein könnte.
„Beitrag zur Entpathologisierung und Entstigmatisierung“
Neben der medizinischen Bedeutung gibt sich das neu geschaffene Zentrum auch eine politische Dimension. „Das interdisziplinäre Kompetenzzentrum will mit seiner Arbeit zur Entpathologisierung und Entstigmatisierung von trans*Personen beitragen“, heißt es dazu in einer Mitteilung des UKM. Die daran beteiligten Kliniken haben bereits seit Jahren in Spezialsprechstunden Erfahrungen bei der Beratung und Behandlung von Trans-Personen gesammelt. Allein die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie hat laut UKM seit 2013 rund 400 jugendliche Patienten bei der Transition begleitet.