UKE testet neuen COVID-19-Impfstoff an Freiwilligen
Pharmaunternehmen und Forschungsinstitute weltweit arbeiten mit Hochdruck an der Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten, um die COVID-19-Pandemie in den Griff zu bekommen. Mehr als 190 Einzelprojekte sind es nach Angaben des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) inzwischen. Mit diesen Projekten verbinden sich gewaltige Hoffnungen.
„Die Menschheit wird diese Pandemie nur besiegen, wenn der größte Teil der Bevölkerung geimpft ist“, sagt etwa Microsoft-Gründer Bill Gates, der den Kampf gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 mit erheblichen Geldmitteln unterstützt. Eines dieser Projekte in Deutschland ist jetzt in eine entscheidende Phase getreten: Am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) wird seit wenigen Tagen ein neuer Impfstoff erstmals am Menschen getestet. 30 Freiwillige sollen im Lauf des Projekts den Impfstoff gespritzt bekommen. „Bisher verlief alles erwartungsgemäß und nach Plan“, sagt Marylyn Addo, Leiterin der Infektiologie am UKE. Sie leitet als verantwortliche Prüfärztin dort auch die aktuell stattfindende Erprobung. Unter Führung der Tropenmedizinerin wurde in Hamburg bereits vor Jahren ein Impfstoff gegen das hochgefährliche Ebola-Virus offenbar mit Erfolg getestet.
In Hamburg im Test: Ein Impfstoff namens „MVA-SARS-2-S“
Mit dem Testprojekt beginnt die erste von drei vorgeschriebenen Phasen der „klinischen Prüfung“ für einen neuen Impfstoff. Sein Name: MVA-SARS-2-S. „Klinische Prüfung“ bedeutet: Der zu prüfende Impfstoff hat sich vorher in Labor- und Tierversuchen hinsichtlich Wirksamkeit und Verträglichkeit bewährt. Auf diese Weise versucht man, das Risiko für die menschlichen Studienteilnehmer so gering wie möglich zu halten.
Phase I: Im Fokus stehen Sicherheit und Verträglichkeit des Impfstoffs
„In Phase I wird der Impfstoff erstmals mit Menschen getestet. Im Fokus stehen Sicherheit und Verträglichkeit des Impfstoffs sowie seine Fähigkeit, eine Immunabwehrreaktion hervorzurufen“, heißt es beim VFA. „In dieser frühen Phase geht es auch darum, die geeignetste Dosierung grob abzuschätzen.“ Vorgenommen werden die Tests in dieser ersten Phase mit einer sehr kleinen Gruppe gesunder Frauen und Männer (typischerweise 10 bis 30), die in der Regel zwischen 18 und 55 Jahre alt sind. In Phase II sind es dann bis zu 500, in Phase III mehr als 10.000.
Testpersonen: 30 gesunde Erwachsene zwischen 18 und 55
Am UKE werden insgesamt 30 Probanden im Alter von 18 bis 55 Jahren in acht Gruppen in zwei aufsteigenden Dosierungen geimpft. Die Studienteilnehmenden erhalten dabei zwei Impfungen im Abstand von vier Wochen und werden nach den Impfungen jeweils einige Stunden im CTC North ärztlich überwacht, dem hausinternen Tochterunternehmen des UKE für klinische Prüfungen.
An den Tagen nach den Impfungen sowie im Verlauf der folgenden sechs Monate müssen die Probanden regelmäßig zu ambulanten Nachuntersuchungen kommen, um die Verträglichkeit des Impfstoffs, mögliche Nebenwirkungen sowie die Immunantwort anhand von Blutuntersuchungen und Befragungen zu überprüfen. Die Wissenschaftler messen dabei die Bildung von Antikörpern und T-Zellen im Körper und vergleichen diese mit der Immunreaktion von COVID-19-Patienten, die die Krankheit bereits überstanden haben.
„Vektorimpfstoff“ – Was ist das?
Der Impfstoff, der jetzt in Hamburg getestet wird, wurde von Wissenschaftlern des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) in Braunschweig und des Biopharmazie-Unternehmens IDT Biologika GmbH in Dessau entwickelt. Er gehört zur Gruppe der sogenannten Vektor-Impfstoffe. In diesem Impfstoff sind genetische Informationen über das SARS-CoV-2-Spikeprotein enthalten. Eingebaut sind diese Informationen in das Pocken-Impfvirus MVA: Dieser sogenannte virale Vektor wurde vor über 30 Jahren an der Universität München (LMU) entwickelt. Im Moment der Impfung werden diese Informationen in den menschlichen Organismus eingeschleust. Im Körper angekommen, erkennt unser Immunsystem das fremde Spikeprotein und löst eine Immunantwort aus.
Als weitere wichtige Impfstoffgruppe gegen COVID-19 gelten unter anderem sogenannte RNA-Impfstoffe. Hier wird genetisches Material in den Körper eingebracht, das im Körper die Produktion eines Proteins anregt, das eine Immunreaktion auslöst.
Ohne Genehmigung des Paul-Ehrlich-Instituts läuft nichts
Eine Impfstoff-Erprobung kann nur mit Genehmigung der Ethikkommission und der Arzneimittelbehörde beginnen. Das UKE hatte das offizielle Okay für den Start der klinischen Prüfung Ende September erhalten: vom „Paul-Ehrlich-Institut, Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel“ (PEI) und der Ethikkommission der Ärztekammer Hamburg.
Foto: Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)