Überlebenschance nach Stammzelltransplantation 50 Prozent
In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 12.700 Menschen an einer Leukämie. Daten des Robert Koch-Instituts zeigen, dass mit 7.600 Todesfällen knapp 60 Prozent der Patienten an dieser Krebsart versterben. Allerdings sind in diesen Zahlen alle Leukämieformen zusammengefasst. Dazu gehören neben der akuten myeloischen Leukämie (AML) auch die chronisch lymphatischen Leukämien (CLL), akute lymphatische Leukämien (ALL), Haarzell-Leukämien und andere.
Die akute myeloische Leukämie, an der Guido Westerwelle erkrankt war, macht rund ein Viertel aller Leukämiefälle aus. Hier liegen die Prognosen noch etwas unter dem Schnitt. Trotz intensiver Chemotherapie überleben nur 30 bis 40 Prozent aller erwachsenen AML-Patienten die nächsten fünf Jahre. Ab einem Alter von 60 Jahren sinkt die Kurve rapide auf etwa 15 Prozent. Bei Kindern unter 15 Jahren liegt die Heilungsrate dagegen bei rund 80 Prozent. Die Überlebenschancen einer akuten myeloischen Leukämie hängen danach stark vom Erkrankungsalter ab.
Die akute myeloische Leukämie führt unbehandelt immer zum Tod
Unbehandelt führt eine akute Leukämie innerhalb weniger Wochen zum Tod. Patienten, die nicht auf die Chemotherapie ansprechen oder ein hohes Rückfallrisiko haben, sind daher auf eine rasche Stammzelltransplantation angewiesen. Der Eingriff ist jedoch riskant, da die Transplantation fremder Stammzellen aus dem Blut oder Knochenmark Abstoßungsreaktionen hervorrufen kann. Nicht weniger riskant ist, dass das Immunsystem zuvor vollkommen zerstört werden muss, damit sich mit Hilfe der Stammzellspende ein neues aufbauen kann. Erschweren kommt hinzu, dass jene Medikamente, die die gefürchteten Abwehrreaktionen unterdrücken sollen, das Immunsystem zusätzlich schwächen. Eine Lungenentzündung, die normalerweise gut behandelbar ist, kann bei Stammzelltransplantierten daher tödlich sein.
Die Chancen für Westerwelle standen 50:50
Trotz dieser Risiken liegen die 5-Jahres-Überlebensraten nach einer Stammzelltransplantation bundesweit immerhin bei rund 50 Prozent. Diese Daten gehen aus dem Deutschen Register für Stammzelltransplantationen (DRST) vor. 2014 wurden sie erstmals veröffentlicht, nachdem das Register die Überlebensraten von allen Patienten ausgewertet hatte, die zwischen 1998 und 2012 in Deutschland eine Stammzelltransplantation bekamen.
Rein statistisch hätte Guido Westerwelle also eine Überlebenschance von 50 Prozent gehabt. Die individuelle Prognose hängt jedoch immer von mehreren Faktoren ab. Ein wichtiger Punkt ist, wie gut die HLA-Merkmale (Humanen Leukozyten-Antigene) des Spenders mit denen des Patienten übereinstimmen. Wie Guido Weserwelle selbst berichtete, war ein geeigneter Spender abgesprungen und es dauerte Monate, bis ein neuer gefunden werden konnte. Dennoch hat er Glück im Unglück gehabt: Laut der Deutschen Knochenmarkspenderdatei DKMS findet jeder fünfte Patient gar keinen passenden Spender.
Allogene Stammzelltransplantationen werden in Deutschland an 45 Spezialzentren durchgeführt. Eines davon befindet sich am Universitätsklinikum Köln, wo sich auch Guido Westerwelle behandeln ließ. Das Klinikum führt nach eigenen Angaben jedes Jahr rund 100 Stammzelltransplantationen durch.
AML ist eine schwere Erkrankung
Die akute myeloische Leukämie (AML) ist eine bösartige Erkrankung des blutbildenden Systems. Hierbei sind die frühen Vorstufen myeloischer Zellen, zu der die roten Blutkörperchen, Blutplättchen und ein Teil der weißen Blutkörperchen gehören, entartet und vermehren sich unkontrolliert. Die bösartigen Zellen breiten sich rasant im Knochenmark aus und behindern dort die Bildung gesunder Blutkörperchen. Über die Blutbahn gelangen die Krebszellen schließlich in den gesamten Körper und richten schwere Schäden an den Organen an.
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